Im Gebiet von Wuppertal liegt der Osterholzer Wald, welcher zur Errichtung einer Abraumhalde gerodet werden soll. Darum geht es den Aktivist:innen…
Es sollen fünf Hektar eines 130 Jahre alten Mischwaldes gerodet werden, damit Platz für eine Abraumhalde geschaffen werden kann. Was ist eine Abraumhalde eigentlich? Das ist eine Halde, also eine künstliche Anhäufung von Material, die durch Aufschütten von Abraum aus einem Tagebau entsteht. Abraum ist eine Art von Gesteinsschicht, die die abzugreifenden Nutzmineralien überdecken.
Das erfordert also einen Tagebau und für Leute, die nicht wissen was das ist, kommt hier eine Mini-Einführung: Beim Tagebau wird die Gewinnung von oberflächennahen Bodenschätzen gefördert, im Gegensatz zum Abbau unter Tage. Der Tagebau ist und bleibt umstritten wegen seiner Umweltauswirkungen. Es bedarf großer Flächen und hat Einfluss auf Landschaft und Grundwasser. Außerdem werden dafür teilweise ganze Ortschaften umgesiedelt. Es gibt sogar eine Liste auf Wikipedia mit sogenannten abgebaggerten Ortschaften. Oder es werden Wälder während der Klimakrise gerodet. Wie in diesem Fall.
Die Aktivist:innen Seite osterholzbleibt.org gibt an, dass es in der näheren Umgebung Alternativen geben würde, um den Abraum zu verschütten, anstatt dieses Waldstück abzuroden. „Es darf nicht sein, dass in Zeiten der Klimakrise ein Wald trotz bestehender Alternativen gerodet werden darf! Das Osterholz ist ein weiteres Puzzlestück in der Zerstörung unseres Klimas!“ Die Aktivist:innen sind teilweise schon seit dem 15.08.2019 in einem Stück des Waldes in Wuppertal Vohwinkel, um die Rodung durch die Kalkwerke zur Errichtung der Abraumhalde zu verhindern.
Am Sonntag, den 16. Januar, ging ein Antrag auf einstweilige Verfügung gegen die geplante Rodung im Osterholz in Wuppertal beim Verwaltungsgericht Düsseldorf ein. René Schuijlenburg ist eine der Sprecher:innen der Bürger:inneninitiative Osterholz Bleibt und sagt dazu: Es ist ungeheuerlich, dass die Bezirksregierung Düsseldorf auf Anfrage von unserem Anwalt zugegeben hat, dass die Firma Oetelshofen die im Planfeststellungsbeschluss geforderte Bescheinigung über die Kampfmittelfreiheit nicht vorgelegt hat, trotzdem mit schwerem Gerät wie z.B. Harvester gerodet werden soll. Im zweiten Weltkrieg wurde der Bahnhof Wuppertal-Vohwinkel massiv bombardiert. Einige der Bomben landeten im Osterholz Wald, darunter auch ein paar Blindgänger. Durch die Räumungs- und Rodungsarbeiten werden hier möglicherweise Menschenleben gefährdet, denn einige Waldbesetzer:innen haben uns versichert, dass sie nie Mitarbeiter:innen vom Kampfmittelräumdienst im Wald gesehen haben. So gesehen wundert es nicht, dass die verlangte Bescheinigung über die Kampfmittelfreiheit der Bezirksregierung nicht vorliegt. Wir wissen, dass schwere Geräte zur Räumung eingesetzt werden, große Bäume beim Fällen erhebliche Erschütterungen erzeugen und z.T. tiefer in das Erdreich eingegraben wird, um Baumwurzeln zu entfernen. Ohne Sondierungen vom Kampfmittelräumdienst ist dies unverantwortlich. Wir fordern, dass alle Räumungs- und Rodungspläne sofort gestoppt werden, damit keine Menschen zu Schaden kommen. Sowohl Mitarbeiter*innen von Firmen, die die Rodung ausführen, als auch Polizeibeamt*innen und Menschen, die sich für den Erhalt des Waldes einsetzen, sollen nicht den Gefahren einer möglichen Räumung und Rodung ausgesetzt werden, ohne Sondierungen vom Kampfmittelräumdienst. Wir fordern auch Oberbürgermeister Uwe Schneidewind auf, diesen Irrsinn zu stoppen.“
Auch die Scientists For Future (SFF) und Fridays For Future (FFF) melden sich zu dem Fall. Die SFF geben an, dass aus wissenschaftlicher Sicht der Wald stehen bleiben sollte angesichts der zunehmenden extremen Wetterereignisse. „Diese Aussage ist jetzt vom Deutschen Wetterdienst für Wuppertal bestätigt“, gibt der Dr. Rainer Wackermann von der Ortsgruppe Wuppertal/Bergisches Land an.
Der aktuelle Stand
Nach eigenen Angaben hat die Polizei am 27. Januar das abgesperrte Waldgebiet im Osterholz geräumt, womit sie wenige Tage vorher begonnen hatten. Dabei sind wohl 25 Personen aus den Bäumen geholt worden und die übriggebliebenen Holzkonstruktionen und Baumhäuser wurden entfernt.
Weiterhin ist ein Teil der Personen in Polizeigewahrsam, weil eine Identitätsfeststellung von diesen selbst erschwert wurde und daher noch nicht möglich war. Über den weiteren Verbleib in Polizeigewahrsam entscheidet der zuständige Richter bzw. die zuständige Richterin am Amtsgericht.
Nach der Räumung hat die Polizei mindestens gegen acht Personen Strafanzeige erstattet. Das könnte auch daran liegen, dass mehrere Protestierende angeblich Gegenstände nach den Polizist:innen geworfen hätten und sich widersetzt hätten. Außerdem hätte der Besitzer des Waldstückes einen Zaun um das Gelände aufgestellt und Personen hätten sich weiterhin dort aufgehalten, was die Polizei als Hausfriedensbruch wertet.
Kurz vor dem Polizeieinsatz kündigten die Kalkwerke Oetelshofen die Rodung an. Die Bezirksregierung genehmigte die Pläne des Unternehmens, denn der Wald würde den Kalkwerken selbst gehören. Oetelshofen will dort Lehm und Sand abkippen.
Die leitende Polizeidirektorin Irmgard Baumhus gab an: „Mit der vollständigen Räumung konnte ein anspruchsvoller Teil des polizeilichen Gesamteinsatzes im Rodungsgebiet im Osterholz abgeschlossen werden. Unser vorrangiges Ziel war es, alle Personen sicher aus dem Bereich zu bringen. Ich bin froh und erleichtert, dass unseren Einsatzkräften dies gelungen ist.“ Der Einsatz und die Rodung waren in Gesellschaft von mehreren Versammlungen. Es gab eine Mahnwache im Waldgebiet mit bis zu 30 Teilnehmenden und eine Mahnwache am Amtsgericht Wuppertal mit 15 Teilnehmenden.
:Lukas Simon Quentin
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