Bild: Symbolbild, Unwort des Jahres wurde gewählt Bild: CC0

Die Jury hat abgestimmt, das Unwort des Jahres 2021 steht fest. Doch die Begründung scheint das eigentliche Problem zu verfehlen.

Das „Unwort des Jahres“ 2021 ist: Pushback. Als „Pushbacks“ werden Praktiken von Grenztruppen bezeichnet, die dazu dienen sollen, Geflüchtete und andere Migrant:innen an der Grenze zurückzudrängen. Der Begriff, so die Jury, beschönige Aktionen und Prozesse, die Menschen in ihrem Grundrecht für Asyl einschränke. Seit 1991 wird das Unwort des Jahres, wie zu erwarten, jährlich von einer Jury die primär aus Sprachwissenschaftler:innen besteht, gewählt. Zuerst eine Aktion der Gesellschaft für deutsche Sprache, hat sich die Jury als „Sprachkritische Aktion Unwort des Jahres“ bereits 1994 selbstständig gemacht. Ziel ist es, auf den öffentlichen Sprachgebrauch aufmerksam zu machen, und für mehr Selbstreflexion in der Nutzung verschiedenster Begriffe zu sorgen.

Das Wort „Pushback“, eine Praktik, die oft genug illegal und fast immer gewaltsam ist, eignet sich grundsätzlich perfekt als Unwort des Jahres. Die Menschen, die aufgrund von
Pushbacks an den europäischen Grenzen leiden und sterben, sollten ein moralisches Dilemma für das „Friedensprojekt“ EU sein, werden jedoch gern entweder gänzlich ignoriert oder als wichtige Verteidigung „unserer Grenzen“ gefeiert. 

Die Begründung der Jury ist jedoch nichtsdestotrotz etwas sonderbar: Eigentlich ist „Pushback“ keine Beschönigung, sondern eben ein Wort, welches die Kritiker:innen dieser Maßnahmen nutzen. Von den verantwortlichen Behörden wird der Begriff nicht verwendet, er stammt vielmehr aus dem Repertoire der Menschen und Initiativen, die sich für die Rechte von Schutzsuchenden und Geflüchteten einsetzen. Ähnliche Kritik äußerte bereits der Abgeordnete der Grünen im Europaparlament Erik Marquardt. Dass ein Mitglied der Grünen, die die sogenannte „Rückführungsoffensive“ mittragen, solche Kritik äußert, ist jedoch etwas heuchlerisch. Wenn irgendein Begriff die menschenverachtenden Praktiken an den Grenzen und bei Abschiebungen beschönigt, dann dieser. 

:Jan-Krischan Spohr

 

 

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