Bild: Zwei Gesichter sind nötig: welche ist die wahre Diana? , Das wahre Gesicht von Lady Diana?

Kristen Stewart spielt in „Spencer“ von Pablo Larraín eine unter dem Joch der royalen Erwartungen leidende Prinzessin Diana. 

Der chilenische Regisseur Larraín machte vor einigen Jahren mit „Jackie“ erstmals international auf sich aufmerksam. Damals spielte Natalie Portman die frisch verwitwete First Lady Jacqueline Kennedy und da Aufarbeitungen von historischen Persönlichkeiten der jüngeren Geschichte stets beliebt sind, wurde der Film für drei Oscars nominiert. Ähnliches ist auch für „Spencer“ zu erwarten; die Existenz dieses Films ist eine logische Konsequenz aus den Mythen, die sich bis heute um Prinzessin Diana ranken und der Tatsache, dass der 2013 erschienenen „Diana“ mit Naomi Watts in der Hauptrolle vollkommen aus dem kollektiven Gedächtnis verschwunden ist. Nach den großen Erfolgen von Serien wie „Downton Abbey“ oder „Bridgerton“ lechzt ein breites Publikum nach mehr Tratsch und Klatsch vom englischen Adel. Es wäre ein Leichtes dieses Bedürfnis zu befriedigen und dabei vielleicht sogar noch ein, zwei renommierte Preise einzuheimsen, doch gibt sich der durchaus talentierte Larraín dieser Versuchung hin? 

Die Antwort ist: nur zum Teil. Die Handlung verzichtet in dem Wissen, dass die wichtigsten Infos zur Person wohl den meisten bekannt sein werden, erfrischender Weise auf große Charaktereinführungen oder Erklärungen der zwischenmenschlichen Beziehungen. Gewählt wurde daher ein Setting, das sogar vielen Bürgerlichen, wenn auch mit etwas weniger Prunk, bekannt sein dürfte, denn der Film erzählt von der Qual, die Weihnachtstage unfreiwillig mit der Familie verbringen zu müssen. Zu diesem Zeitpunkt ist die Ehe zwischen Diana und Prinz Charles bereits nur noch bloßer Schein, der höchstens von der Liebe zu den beiden gemeinsamen Kindern aufrechterhalten bleiben kann. Die Prinzessin fühlt sich von den Blicken der königlichen Familie und deren Bediensteten permanent dermaßen unter Druck zur buchstäblichen Höflichkeit gesetzt, dass sie stark unter Bulimie leidet und sich weg von dem königlichen Anwesen zurück in ein mittelständisches Leben mit mehr Fast Food und weniger Manieren wünscht. All das klingt natürlich nach ultimativen Luxusproblemen und der Gedanke „Heul doch, du Prinzessin!“ liegt nicht fern. Das ist vor allem dann der Fall, wenn Kristen Stewart sich in ihrer Rolle darüber beschwert, dass sie grade nicht das Designer-Kleid tragen darf, dass ihr am liebsten wäre oder wenn sich das Drehbuch in ihren Dialogen mit den beiden noch jungen Söhnen allzu sehr seiner ansonsten recht gelungenen Subtilität beraubt. 

Dennoch traut sich Larraín, nicht bloß die ganze Zeit seine Schauspielenden als royale Persönlichkeiten zu verkleiden, um sie wie im Wachsfigurenkabinett auszustellen, sondern erweist beispielsweise der Queen ebenso wenig Ehrfurcht wie Lady Diana selbst. In einem der wenigen Gespräche zwischen Charles und seiner Frau bringt dieser das Prinzip der postmodernen Monarchie auf den Punkt: alle Mitglieder der königlichen Familie sollen zwei Gesichter haben, ein wahres und eines, von dem man Fotos schießt. Die Öffentlichkeit interessiert sich nicht wirklich für die Menschen hinter der Krone, sondern lediglich für das, wofür sie stehen. Sie repräsentieren das Land, in dem ihre Untergebenen leben, für das sie vielleicht sterben und erwarten im Gegenzug, dass die Kronjuwelen auf ewig so schön glänzen wie das Lächeln im Gesicht der Prinzessin. Reale politische Macht ist hier längst nicht mehr im Spiel, sondern nur noch rein symbolische.  

   :Henry Klur

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