Kommentar. Wetten dass? Genderdebatte? Missratene Flüchtlingspolitik? Misogyn Gesetze? Jeden Tag dieselben Debatten um die gleichen Themen. Warum ändert sich nichts? Wollen wir Veränderungen?
Am Samstagabend war es so weit: Thomas Gottschalk lud zum Großen TV-Abend ein. Wir könnten darüber reden, dass der gute Mann noch Anfang des Jahres als vermeintlich gecancelt abgestempelt wurde, um dennoch am Samstagabend groß Wetten, dass…?! zurückzubringen. Hierbei sollte man erwähnen, dass die Cancel Culture, vor der deutsche Künstler eine große Angst haben, sie nicht betrifft, denn in Deutschland wurde noch nie ein cis-Mann wirklich gecancelt. Ihr wisst, wie ich das meine So Monika Lewinsky-Gecancelt. Aus diesem Grund ist es für mich nicht sonderbar, dass wir am Samstagabend die Möglichkeit hatten, zur besten Sendezeit die Vergangenheit zu sehen. Und alle waren ziemlich nostalgisch, twitterten über ihre Erinnerungen, über Maßregelungen, über Baggerwetten und über den fragwürdigen Modegeschmack von Thomas Gottschalk. Aber dieser Kommentar wird sich nicht mit der Sendung und dem Revival des Guten und Alten von Samstagabend beschäftigen. Viel mehr mit den Themen, die uns seit gefühlt eh und je beschäftigen. Mit uns meine ich die Rezipient:innen sowie die Medienmachenden. Denn natürlich sind wir Teil des Problems! Viele Themen, die wichtig sind, schaffen es oft nicht in die Primetime und suggerieren, dass es Nachrichten zweiter Klasse sind. Deswegen ist es auch möglich, dass es nach 17 Jahren Menschen gibt, die älter als 40 sind, und das erste Mal von Oury Jalloh und seiner Ermordung durch Polizeibeamte erfahren. Es scheint so als wären einige Themen eben nur Nische. Denn natürlich ist es wichtig, dass Helene Fischer schwanger ist und ihre Schwester auch, für einige. Dennoch bekommen solche Nachrichten gerne mehr Raum!
Wir leben in einer Zeit, in der wir digital vernetzt sind, Dinge sehen und wahrnehmen und am Ende trotzdem sind! Wir sind überrascht, wenn die ersten Menschen aus ihren Ländern fliehen, weil der Klimawandel eine reale Konstante ist. Wir vergessen das wir der Faktor sind, den wir als vermeintlich „zivilisierte Welt und verschmutzende Gesellschaft“ dazu beigetragen.
Viele Medienmachende arbeiten nach Quote! Die Quote heißt aber auch nach Gier vs. Newsmüdigkeit! Diese Müdigkeit sorgt dafür, dass wir nur das sehen wollen, was uns passt und dennoch sind wir immer wieder schockiert, wenn was ganz Schlimmes passiert, doch wie ist das möglich? Korruptionsskandale? Erneute Flüchtlingskrisen? Wahlversprechen? Wem geben wir die Schuld am ewig Selben? Ich kann es nicht sagen, dennoch merke ich, dass es okay ist! Es ist ein Treiber! Es wirkt so, als ob es Teilnahme im aktuellen Weltgeschehen vorgegaukelt wird. Alle können mitsprechen in der digitalen Welt! Haben ihre Meinung! Aber nicht das Wissen! Dennoch können sie stets was sagen, sich mitteilen!
Schön, oder? Die lautesten gewinnen und das oft in den Twittertrends! Eine kleine Gruppe von Menschen, die den Diskurs bestimmt! Was unser Gusto ist! Denn die elitäre Bubble der Journalist:innen benutzt gerne diese Trends als Arbeitstool, als Stimmungsfang, als Realität dessen, was abgeht und die Welt bewegt. Doch Twitter ist nicht die Welt! Twitter ist eine kleine Bubble mit ganz vielen Unterbubbles! Wo die leisesten im richtigen Leben schnell die lautesten werden! Lasst uns doch über das Gendern reden: Schnell Fakten raussuchen, die einem passen ohne Quellenuntersuchung! Zack, wir haben eine vermeintliche Expert:innenmeinung, die dafür sorgt, dass irgendwer dies als wissenschaftlich wahrnimmt. Und sie danach als Hauptquelle nutzen wird! Wir dürfen nicht vergessen, dass diese Hauptinformation auch nur Tweets mit Meinungen waren! Und nun werden sie von einigen als wissenschaftliche Quelle genutzt!
Wir drehen uns also weiter im Kreis! Sie sind auf der Suche nach dem Alten! Dem Guten und Behüteten! Sie haben Angst vor dem Neuen, weil wir Veränderungen nicht mögen und deswegen funktioniert auch Wetten, dass…?! an einem Samstagabend im Jahr 2021! Mit einem Thomas Gottschalk, der ja nach rassistischen Aussagen und Konservativismus vermeintlich gecancelt wurde!
Und dasselbe würde mit Dieter Bohlen auf einem Privatsender funktionieren, denn wir romantisieren gerne das Vergangene! Die Zukunft ist ungewiss und sowas kann ja böse enden! Dass dies zu Vorbehalten und Vorurteilen führen kann, ist egal.
Wie Ihr seht, hat dies nicht nur was mit den Machenden der Medien zu tun, sondern auch mit den Rezipient:innen! Wir könnten es ändern, dennoch stehe wir dem Alten offener gegenüber als dem Neuen! Wir nörgeln bei Nachrichten, die positiv über migrantische Menschen in Deutschland berichten und deklarieren sie als Einzelfälle! Es seien Ausnahmen wie die rechten Strukturen bei der Polizei! Man wolle nur das Image von diesen Menschen besser oder schlechter machen! Und auch hier sind diejenigen die Lauten, die sonst zu Hause sehr still sind! Dennoch bestimmen diese Menschen den medialen Diskurs! Das ist sehr ermüdend und schafft einen wiederholenden Diskurs für alle!
:Abena Appiah
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