Kommentar. Digitalisierung muss für alle sein, und darf dabei nicht in private Hände gelangen. Projekte wie ORCA sind ein guter Schritt, Infrastruktur wird dadurch jedoch auch nicht geschaffen.
Bevor ich mich beschwere: Die ORCA Online-Plattform sieht wirklich vielversprechend aus, und frei verfügbare Lern- und Lehrmaterialien sind ebenso wichtig, wie neue Möglichkeiten digitaler Vernetzung. A B E R. Online-Plattformen lösen keine Probleme, die in der digitalen Infrastruktur oder gesellschaftlichen Ungleichheit verankert sind. Dass ein paar Hundert Megabyte langsames Internet pro Tag schon ein Luxus sind, wenn man im Nahverkehr unterwegs ist, besonders ländliche Regionen vollkommen unterversorgt sind, und auch zuhause das Preis-Leistungs-Verhältnis beim Internet im Vergleich zu anderen Ländern wirklich peinlich ist, wird dadurch auch nicht besser. In einem viel zu engen Becken verendet auch der schönste, stärkste Orca qualvoll. Ebenso wenig ändert das etwas daran, dass von Studierenden erwartet wurde und wird, einwandfrei funktionierende Endgeräte und eigentlich auch noch Kamera und
Mikrofon zur Verfügung zu haben, die sie sich teilweise nicht leisten können. Dass akademisch geprägte Berufe und Branchen in Deutschland was Digitalisierung angeht auch noch weit vorn sind, zeigt eigentlich nur wie beängstigend schlecht es in anderen Bereichen aussieht. Mittel für die Digitalisierung dürfen nicht nur an die Universitäten fließen, und genauso wenig sollte dabei auf Drittmittel aus privater Hand gesetzt werden. Unternehmen und ihre finanziellen Interessen haben bereits eine zu starke Präsenz an den Hochschulen um sie sich durch die Hintertür der Digitalisierung weiter einschleichen zu lassen. Ein fairer Umgang mit diesen Themen muss immer auch die Interessen und Probleme der Einzelpersonen im Blick haben, statt nur die der Institutionen. Eine gute digitale Infrastruktur ist eine Investition in die Zukunft, die Verantwortung hierfür an Privatunternehmen weiterzugeben garantiert nur noch größere Probleme in der Zukunft – ob diese Unternehmen deutsch oder chinesisch sind. Einen weiteren Bereich in dem sich Unternehmen erst dumm und dämlich verdienen und in der Krise dann dringend gerettet werden müssen, brauchen wir bestimmt nicht.
:Jan Krischan Spohr
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