Kommentar. Nicht erst Simone Biles zeigte wieder, dass die psychische Gesundheit von Top-Athlet:innen stark belastet wird.
Das Bild, das wir Normalsterblichen von Olympionik:innen haben, a häufig dem von Halbgött:innen. Schließlich leisten sie vor unseren Augen Dinge, die wir für nicht menschenmöglich gehalten hätten. Für die Turner:innen scheinen die Gesetze der Schwerkraft nicht zu gelten, die Beine der Marathon:läuferinnen wollen einfach nicht ermüden und die Hände der Bogenschütz:innen fangen niemals an zu zittern. Wir beobachten Leistungssportler:innen bei Olympia reihenweise auf dem Höhepunkt ihrer Karriere, auf den sie jahrelang hingearbeitet haben, nur um hier und jetzt Bestleistungen zu liefern. Doch treten sie hier nie nur für sich selbst an, sondern spüren während des Wettkampfes immer das schwere Gewicht der Nationalflagge auf ihrer Brust. Hinter dieser Flagge vereinen sich unzählige Menschen deren Blicke nun auf ihnen ruhen und erwarten, dass in ihrem Namen der Medaillenspiegel aufgebessert wird. Was ist, wenn der entscheidende Pfeil doch mal daneben geht? Was, wenn man nach dem Salto stürzt oder einen die Beine doch nicht rechtzeitig ins Ziel tragen? Diese Fragen tummeln sich in den olympischen Köpfen, die größtenteils nicht an so viel Aufmerksamkeit für ihren Sport gewöhnt sind.
Als der amerikanische Turn-Star Simone Biles während eines olympischen Finals die Halle verließ und verkündete, aus mentalen Gründen nicht mehr daran teilnehmen zu können, war die Verwirrung groß. In Rio konnte die damals 19-jährige vier Goldmedaillen mit nach Hause nehmen, weshalb das amerikanische Publikum diesmal mindestens genau so viel erwartete. Natürlich ist es eine Ehre, sein Land bei Olympia vertreten zu dürfen, aber die Angst davor, im Namen dieses Landes zu scheitern, ist eben genauso groß. Auch das japanische Tennis-Ass Naomi Ōsaka, die das olympische Feuer entzünden durfte, hatte vor kurzem auf dieses Thema aufmerksam gemacht, als sie von den French Open ausschied, weil sie sich aus mentalen Gründen weigerte, an einer Pressekonferenz teilzunehmen. Die Rufe nach Verständnis werden immer lauter, denn auch Olympionik:innen bleiben nur Menschen.
:Henry Klur
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