Finanzen. Die Förderung für Studierende wird 50 Jahre alt – Zeit für eine Erneuerung, finden nicht nur Studierende.
Oder vielleicht passender: Zeit für einen Schritt zurück beim BAföG. Denn so progressiv und radikal, wie sich für manche eine Umstellung der Ausbildungsförderung zum Vollzuschuss anhört, wie es von der nun gestarteten Kampagne „50 Jahre BAföG – (K)ein Grund zu feiern“ des fzs („freier zusammenschluss von student*innenschaften“) gefordert wird, ist es nicht. Dazu muss man nur in der Geschichte zurückschauen. Denn als das Sozialprogramm im Jahr 1971 ins Leben gerufen wurde, wurden die Finanzhilfen als Vollzuschuss verteilt, das heißt: BAföG musste ursprünglich nicht zurückgezahlt werden. Erst später im Jahr 1982, unter der CDU-Kanzlerschaft von Helmut Kohl wurde das Programm beschränkt und zu einem Volldarlehen verändert, also einem komplett zurückzuzahlenden, zinsfreien Kredit. Der Grund: Die Baby-Boomer Generation wurde erwachsen und füllte die Universitäten. 1990 nahmen die Gesetzgeber:innen die Einschränkungen teilweise zurück und machten die Hilfen zur einen Hälfte Darlehen, zur anderen Hälfte zum Zuschuss. Diesen Status hat BAföG bis heute.
Doch auch dies konnte den Einbruch der Förderungszahlen nicht aufhalten. Denn die Zahl der Geförderten sank auf historisch niedrige 11 Prozent im Jahr 2019. 1971 nach der Einführung waren es 45 Prozent, die nach der Umstellung 1982 auf 18 Prozent sanken und erst durch Reformen im Jahr 2001, die unter anderem die Darlehensschuld auf 10.000 Euro begrenzten, auf zunächst wieder 25 Prozent stiegen. Gleichzeitig hat sich die Zahl der Studierenden an deutschen Universitäten stark erhöht. Auch die Zahl der Studierenden aus einkommensschwächeren Familien ist stark gestiegen und damit die Zahl der Personen, die im Sinne der Chancengleichheit am meisten von einer Novellierung des Gesetzes profitieren würden.
In den vergangenen Jahren wurde an einzelnen Stellschrauben des Gesetzes gedreht. So wurden punktuell die Fördersummen, die Einkommensfreibeträge der Eltern und die Vermögensfreibeträge der Antragssteller:innen erhöht oder auch die Gruppe der förderungsberechtigten Personen erweitert. Den Abwärtstrend konnten diese Detailreformen jedoch nicht aufhalten und so sanken trotz Beitragserhöhungen die absoluten Ausgaben – die Töpfe wurden nicht ausgeschöpft. Verbände wie der fzs sehen die Ursache für die geringe Förderungsquote deshalb primär in dem Darlehensstatus und nicht in zu geringen Förderbeträgen, auch, wenn die weitere Erhöhung und Zugänglichkeit dieser ebenfalls Ziel der aktuellen Kampagne ist. Weitere Forderungen: Wiedereinführung des Schüler:innen-BAföG, höherer Wohnkostenzuschuss, Aufhebung von Altersgrenzen und Abhängigkeit vom Aufenthaltsstatus, Leistungsnachweisabschaffung und Pauschalen für Anschaffungen.
Doch nicht nur Studierendenverbände fordern eine grundlegende Reform des BAföG: Auch das Deutsche Studentenwerk – der Dachverband der Studierendenwerke wie dem Akafö, die die BAföG-Anträge bearbeiten – und die Hochschulrektorenkonferenz wollen Änderungen. Auch sie fordern die Aufhebung von Altersgrenzen, die Erhöhung der Förderungshöchstdauer, eine Neu-Konzeption der Einkommens- und Vermögensfreibeträge sowie Nothilfen und die Berücksichtigung von Teilzeitstudierenden.
Die Petition der Kampagne „50 Jahre BAföG – (K)ein Grund zu feiern“ findet Ihr auf bafoeg50.de/petition. Die Petition läuft noch bis Ende Juni. Bis Montag, den 17. Mai haben etwa 4.500 Menschen unterschrieben, das Ziel liegt bei 50.000 Unterzeichner:innen.
:Stefan Moll
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