Wahlen. 2021 ist nicht nur Pandemie, sondern auch Superwahljahr! Nach 16 Jahren heißt es Adieu Madame Merkel und Hallo Ungewisses!
Wir haben vorab ein kleines Update zu den aktuellen Kanzler:in-Kandidat:innen!
Olaf Scholz (SPD)
Der Finanzminister und Deutschlands aktueller Vize Olaf Scholz ist der dritte Kandidat im Bunde der Anwärter:innen um das höchste Amt. Derzeit scheint der SPD-Mann jedoch abgeschlagen – mit Umfragewerten weit hinter CDU und Grünen. Während der Kampf um die CDU-Kandidatur ein heißes Eisen war und die Bekanntgabe der Grünen-Spitze einen kurzfristigen Medien- und Umfragehype auslöste, mag manch eine:r schon fast vergessen, dass die SPD ebenfalls im Rennen ist. Die Luft scheint raus zu sein. Wir erinnern uns: Vor vier Jahren ist noch der fleißig beschworene Schulzzug durch Deutschland gerattert, bevor der damalige Kanzlerkandidat Martin Schulz zusammen mit seiner Partei einen schwindenden Wähler:innenzuspruch hinnehmen musste. Woran liegt der fehlende Enthusiasmus für Scholz? Womöglich kommt dem ehemaligen Bürgermeister Hamburgs das in den Weg, was sein Alleinstellungsmerkmal ist: die Erfahrung. Denn anders als Baerbock und Laschet hat Scholz mittlerweile mehrere Jahre in der Bundesregierung hinter sich, einmal als Arbeitsminister von 2007 bis 2009 und in den vergangenen Jahren als Stellvertreter der Kanzlerin – dies nutzt er als Argument gegen seine Mitbewerber:innen, wie jüngst in einem Gespräch mit der „Bild am Sonntag“. Doch ob dieses Argument bei Wähler:innen zieht, ist fraglich. Denn Scholz repräsentiert innerhalb der
Partei das Fortbestehen des GroKo-Kurses der vergangenen Jahre, unter dem die Partei nun schon lange an den Urnen leidet. Selbst der Parteivorstand hat sich zwischenzeitlich mit Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans in eine andere Richtung erneuert. Zudem lasten ihm die Versäumnisse im Cum-Ex- und dem Wirecard-Skandal an und die häufig nachgesagte Finanzbossnähe.
! Scholz kandidiert höchstens auf eine erneute Kabinettsposition. Bis September ist noch viel Zeit, doch zwischen Baerbock und Laschet hat Scholz wenig Alleinstellungsmerkmale, die ihn nach vorne bringen könnten.
:Stefan Moll
Armin Laschet (CDU)
Der Aachener hat gegen seinen Kontrahenten aus der CSU, Markus Söder, (vorerst) gewonnen. Als Sohn eines Bergmanns trat Laschet mit 18 in die Christlich Demokratische Union Deutschlands ein und legte damit den Grundstein für seine politische Karriere. Ehe er 1994 Mitglied des Deutschen Bundestags wurde, absolvierte Armin Laschet ein Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Bonn und arbeite nach dieser Hochschulausbildung als freier Journalist beim Bayrischen Rundfunk.
Von 1999 bis 2005 war er Mitglied des Europäischen Parlaments. Im Kabinett von Jürgen Rüttgers führte er von 2005 bis 2010 das Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration in Nordrhein-Westfalen. Seit 2012 ist er der Vorsitzender des CDU-Landesverbandes von NRW sowie stellvertretender Vorsitzender der CDU Deutschlands. Im Jahr 2017 gewann er die Landtagswahl mit seiner Partei und ist seitdem Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen. Seine aktive politische Karriere ist lang und Armin Laschet sieht sich als Mann der Mitte. In den letzten Jahren zeigte er sich liberal sowie EU-orientiert und mauserte sich zu einem der Lieblinge von Merkel, was seine Chancen auf die Kanzlerkandidatur erhöhte. Doch die lasche Linie in der Coronapolitik und der ständige Machtkampf mit Söder haben Spuren in seiner Partei hinterlassen. Auch wenn Armin Laschet schon als Kanzlerkandidat vorgestellt wurde, gibt es immer noch Stimmen aus den eigenen Reihen, die auf Söder hoffen. Ein klares Bekenntnis der Partei sieht anders aus!
! Laschet hat auf jeden Fall Erfahrung, wenn es um politische Führung geht, aber ob der Mensch, der gute Reden halten kann, diese auch gut umsetzt, ist eine andere Sache! Stand jetzt, könnte es zu Stimmenverlusten kommen, da die Partei nicht hunderprozentig hinter ihm steht!
:Abena Appiah
Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen)
Für die Partei Bündnis 90/Die Grünen bricht eine monumentale Wahlperiode an. Sie beteiligt sich seit ihrer Gründung 1993 zum ersten Mal an dem Kampf um das Kanzler:innenamt und stellt ihre Parteivorsitzende Annalena Baerbock. Sie wird nicht nur von dem sich mit ihr die Doppelspitze teilenden Robert Habeck als kämpferische, zielgerichtete und willensstarke Frau beschrieben; sie sticht auch neben den anderen Kandidierenden Armin Laschet und Olaf Scholz heraus. Seit 1949 ist sie die jüngste Kandidatin für den obersten Regierungsposten und neben ihrer politischen Laufbahn Mutter zweier Kinder mit einem Ehemann an ihrer Seite, der ihr den Rücken freihält. Prägnant ist, dass Baerbock keinerlei Regierungserfahrung aufzuweisen hat, doch dies erscheint nicht als Hindernis. Sie steht für eine junge, dynamische Zukunftsvorstellung, wie sie mit ihrer Antrittsrede verdeutlicht: „Ich trete an für die Erneuerung. Für den Status quo stehen andere.“ Dieser frische Wind könnte in einem Wahlkampf ausschlaggebend sein. Denn ihre Chancen, sich gegen Scholz und Laschet durchzusetzen, stehen nicht schlecht: Sie zeigte sich bisher als zielsichere Spitzenpolitikerin der Grünen, die klare Pläne verfolgt und daher dem zuletzt in die Kritik geratenem Laschet gegenüber als starke Persönlichkeit hervortritt und der ARD nach schon innerhalb der Partei „vermutlich härtere Verhandlungen geführt“ habe als „Scholz zuletzt über die Schuldenbremse“.
! Dass das ‚grüne‘ Thema Klimawandel in heutigen Zeiten immer größere Aufmerksamkeit generiert, sollte ihr zugutekommen. Es bleibt fraglich, wie sie mit den Gegner:innen der Grünen verfährt und die Wähler:innen in der Mitte auf ihre Seite zieht.
:Rebecca Voeste
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