Bild: Klausurstress, Versagensängste, fehlende Infos – auch ein Jahr nach Beginn der Pandemie bleiben Studis besonders in den Klausurphasen auf der Strecke., Ein Jahr Corona – Eine Bilanz am Campusleben Symbolbild

Kommentar. Noch immer nix gelernt? Nein, ich meine nicht die Studis, die kurz vor der Klausur anfangen wie die Wahnsinnigen Karteikarten in das coronamüde Hirn zu prügeln.

Nein, Nein. Ihr seid nicht gemeint, meine lieben Mit-Binge-Lerner:innen. Ich meine die Institution Universität, ich meine die Fakultäten, die Lehrstühle, die Dozierenden. Sie alle kratzen an der 5.0 in der zweiten Klausurphase seit Covid. Ein ganzes Jahr sind Maske, Abstand, Hygiene, Onlinesemester, Homeoffice, Kontaktbeschränkungen unser nicht mehr ganz so neuer Alltag. Immer in unterschiedlichen Ausprägungen und mal mehr oder weniger streng, aber immer da. Die jetzige Klausurphase war die zweite unter den neuen Bedingungen. Wo stehen wir in puncto Online-Lehre und -Klausuren? Gefühlt beim Urknall.
Die Lehre wurde zähneknirschend auf Onlinekurse umgestellt. Das Knirschen ist aber derart laut, dass man die Videos, so es denn welche gibt, kaum verstehen kann. Die Unterlagen werden im besten Falle verspätet hochgeladen, manchmal auch gar nicht. In manchen Fällen werden Skripte nicht zur Verfügung gestellt, in anderen nur in einem bestimmten Zeitfenster, sodass die Server abschmieren, weil zu viele Studis gleichzeitig darauf zugreifen wollen (Überraschung!). Manche Dozierende finden Headsets und Powerpoint-Präsentationen derart gruselig modern, dass sie lieber in einem leeren Hörsaal stehen, in die Stille krächzen, während sie Folien auf den OHP legen und sich aus der Mitte der Stuhlreihen filmen. Eine vollumfängliche Zeitverschwendung mit Kopfschmerzgarantie. Die Folien unscharf, die Akustik unterirdisch, gespickt mit schrillen Rückkopplungen – großartiger Remix.
Doch nicht nur die Unterlagen sind noch immer ein Graus! Gerade auch die Online-Klausuren sind mehr Comedy denn erfolgversprechend. Gerechtfertigt werden die benoteten Ohrfeigen mit der Freiversuchsreglung, man hätte ja keinen Nachteil durch ein Nichtbestehen. Nette Theorie, stimmt in der Praxis leider nicht. Ja, die Freiversuchsreglung entlastet ein Stück, weil der Druck des Bestehenmüssens nicht da ist. Der wurde getauscht gegen ein Angstgefühl, es überhaupt nicht schaffen zu können, weil keine oder wenige Lernmaterialien zur Verfügung gestellt werden oder die Klausuren so schwierig oder umfangreich gestaltet werden, dass der Eindruck entsteht ein Bestehen sei seitens der Dozierenden überhaupt nicht gewünscht. Und auch eine Freiversuchsreglung entlastet Studis mit Prüfungsangst überhaupt nicht. Im Gegenteil, es staut sich sogar noch mehr auf, weil auch wenn sich die 5.0 nicht auf die Prüfungsversuche auswirkt, ist es dennoch erstmal ein Durchgefallensein und für manche damit auch ein „Versagen“ egal wie irrational das ist oder wie häufig man beteuert bekommt, dass es das nicht sei.
Doch bevor man bei der eingetragenen 5.0 oder einem n. b. landet, muss man erstmal die Hürde nehmen herauszufinden ob, wie, wo und wann die Klausur denn überhaupt stattfindet und da hat ja nun jeder einzelne Dozierende seine eigene Variante. Online, dann dort als freie Aufgaben oder als Multiple Choice oder mit Feldern zum Ausfüllen, dann online, aber es muss als Foto hochgeladen werden, dann Varianten aus allem gemischt. Dann findet sich die Info nicht einheitlich auf einer Seite, sondern ist erst nach ewigem Klicken aufzutreiben. Andere Klausuren finden nach wie vor nur in Präsenz statt. Scheiß was auf Kontaktbeschränkungen. Eine Klausur ist nämlich nicht als Versammlung zu verstehen und geht damit fit.
Ein Jahr Covid-19 – und noch immer das Gefühl vollkommen in der Schwebe zu hängen und weder zu wissen wie man das Studium beenden oder die Miete bezahlen soll, weil Studis vollkommen unterm Radar sind.

:Kendra Smielowski
 

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