Lichtspielhaus. Am Sonntag den 28. Februar leuchteten Kinos Bundesweit ihre Fassaden an. Mit der Aktion „Kino leuchtet. Für Dich.“ wurde auf die Lage deutscher Filmstätten aufmerksam gemacht.
Die Erinnerung an ein Kinoerlebnis außerhalb unserer eigenen vier Wände muss wahrscheinlich für die meisten von uns mehr schemenhaft als tatsächlich greifbar sein. Wir sind nun im vierten Monat geschlossener Lichtspielhäuser und es scheint kein wirkliches Ende in Sicht zu sein. Zwar gibt es einen neuen Fünf-Stufen-Plan, den die Bundesregierung vergangene Woche vorgestellt hat, der die langersehnte Öffnung in Sicht stellt. Das Problem: Der Stufenplan wirft Fragen auf und die Situation für Kinos bleibt weiter ungewiss. Es hilft also zuerst diesen Stufenplan zu untersuchen. Zuerst öffneten Schulen, Kitas und Friseure, jedoch ist auch die erste Öffnung wiederum an die jeweiligen Regelungen der Bundesländer gebunden. So weit so gut. Stufe zwei beinhaltet die Öffnung von Buchläden, Blumengeschäfte, Gartenmärkte und Fahrschulen (mit Tagesaktuellen Corona-Test). Ab Stufe drei sind die Öffnungen an einen Inzidenzwert unter 50 oder zwischen 50-100 gebunden und beinhalten Einzelhandel, Museen und Sport. Erst ab Stufe vier wird die Öffnung von Kinos und anderen Kulturstätten voraussichtlich möglich. Stufe vier beinhaltet auch die Öffnung von Gastronomien im Außenbetrieb. Zum Vergleich schätzt das Robert-Koch Institut die Gefahr einer Infektion in Kinos als moderat ein, was nicht heißt, dass man Kinos ohne weiteres öffnen sollte, aber es sollte mit hinreichenden Hygienekonzepten eine Öffnungsperspektive möglich sein, die nicht in einem weiteren Lockdown endet. Das Problem an dem Stufenplan der Bundesregierung ist, dass sich die verschiedenen Lockerungen dem Anschein nach nicht an dem jeweiligen eingeschätzten Infektionsgeschehen der Bereiche orientieren, sondern an andere Maßstäbe, die auf den ersten Blick keinen Durchblick schaffen. Die Sorgen der Kinos weiter in Vergessenheit zu raten scheint berechtigt.
Kommen wir also zu der Aktion selbst. Diese fand vor dem neuentworfenen Stufenplan statt und wurde von der AG Kino ins Leben gerufen. Es sollte am Abend vor der Berlinale noch einmal darauf aufmerksam machen, dass die Lichtspielhäuser Deutschlands in einer prekären Lage sind. Nicht nur, dass große Studios die Chance derzeitig nutzen, um das Kino durch neue Streamingangebote zu einem Relikt vergangener Jahrzehnte zu machen, sondern auch, dass die wirtschaftlichen Folgen der Dauerschließung immens sind. So haben die Spielstätten im vergangenen Jahr einen Umsatzeinbruch von circa 69 Prozent verbüßen müssen. Das Anleuchten sollte Aufmerksamkeit generieren und die Situation beleuchten. Die Forderung: Realistische Öffnungsperspektiven für einen Sommer mit Kinos, natürlich Coronakonform. Doch wie sieht eine realistische Öffnungsdebatte aus?
Ganz sicher ist sich da niemand so richtig, auch aus dem einfachen Grund, dass man immer noch nicht genau weiß, wie sich das Virus überträgt und welche Risiken mit welchen Lockerungen verbunden sind. Was wir immer wieder vergessen ist, dass die Pandemie erst circa ein Jahr alt ist und die Forschung neu. Man kann immer nur einschätzen, wie gefährlich die Öffnung von bestimmten Einrichtungen ist und wie ungefährlich die Öffnung anderer Betriebe ist. Dass die derzeitige Einschätzung des RKI bei Kulturbetrieben wie Kinos und Schauspielhäuser weniger ist als die Ansteckung im öffentlichen Nahverkehr, sollte aber zumindest in einer Öffnungsdebatte einen Platz haben. Denn wir stehen wohl derzeitig vor der wohl schwierigsten politischen Frage der aktuellen Pandemie: Öffnungen oder keine Öffnungen und wenn ja, wie?
:Gerit Höller
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