Arbeitsplatzabbau. Corona hat schon viele ihre Arbeitsstellen gekostet. Nun trifft es auch Unis verschiedener Länder, wobei die Begründungen häufig vorgeschoben scheinen.
In Spanien steht eine Premiere vor der Tür. Keine schöne allerdings, sondern die erste Massenentlassung von Lehrenden einer Universität in der Geschichte des Landes. 275 Dozierende will die private Universidad Europea (UE) auf einmal entlassen, so kündigte sie es Mitte Dezember an. Die 1995 gegründete UE hat drei Standorte auf spanischem Territorium: in Madrid, in Valencia und auf den Kanaren. Den Standort in der spanischen Hauptstadt wird der Stellenabbau wohl am härtesten treffen: 221 Entlassungen soll es in Madrid geben. In Valencia sind es 47, auf den Kanaren sieben. Begründet wird das Ganze nicht mit finanziellen Problemen, wie das bei Universitäten sonst üblich ist. Es wäre allerdings auch schwierig, schrieb die Hochschule, 2018/19 doch noch schwarze Zahlen in Höhe von 50 Millionen Euro zu erreichen. Stattdessen ist von „Modernisierung“ die Rede. Ob es sich hier tatsächlich um eine relativ kurzfristige Entscheidung handelt oder die Gelegenheit genutzt wurde, einen schon länger gehegten Plan umzusetzen,? Fakt ist, dass die Corona-Pandemie durch ihre erzwungene Digitalisierung zugleich dem Abbau von Arbeitsplätzen Vorschub leistet.
Das gilt nicht nur an der UE, die vor zwei Jahren für schlappe 770 Millionen Euro vom Londoner Investmentfonds Permira aufgekauft wurde. Auch im Heimatland der zum Schroders-Finanzimperium gehörenden Gesellschaft gibt es derzeit Ängste vor Entlassungen an nicht weniger als zwölf Hochschulen. An der University of Bangor etwa wurden 200 Entlassungen angekündigt, in Leicester sollen es 60 sein, in Liverpool 47, in Dundee 34. Was auf den ersten Blick nicht unbedingt nach viel klingt, muss in Relation gesehen werden. An der University of Dundee etwa gibt es nur 227 Vollzeit-Stellen, das heißt es werden rund 15 Prozent der Belegschaft entlassen. In Brighton wiederum sollen pikanterweise Pläne aus dem Jahr 2019 umgesetzt werden, denen zufolge das IT-Personal zusammengestaucht werden müsse. Acht Mitarbeiter:innen wurde bereits gekündigt.
Dabei werden verschiedene Argumente angeführt: Vor allem Sparmaßnahmen wegen Corona, ein zu erwartender, allerdings bislang nicht eingetretener Rückgang der Studierendenzahlen aufgrund des Brexits, und natürlich „Modernisierung“ und „Umstrukturierung“. Dabei spielt auch die Hochschulgewerkschaft UCU eine unrühmliche Rolle, da sie, statt sich vehement für die Angestellten einzusetzen, von „Verantwortung“ in Zeiten der Pandemie spricht und sich für „freiwillige“ Entlassungen einsetzt. So räumten etwa an der University of East London von 441 Mitarbeiter:innen, die über eine mögliche Entlassung „informiert“ worden waren, bislang 92 ihren Schreibtisch. Die meisten davon „freiwillig“ und mit Segen der Gewerkschaft versteht sich.
In den USA wurden an der Marquette University in Milwaukee kürzlich ebenfalls 40 langjährige Mitarbeiter:innen auf die Straße gesetzt. Empörung gibt hier insbesondere, weil die Uni von der Regierung fast 10 Millionen Dollar erhalten hat, und zwar um Entlassungen zu verhindern. Die Hochschule ist wie die UE privat, was den Verdacht nahe legt, dass das Management die Gelder in die eigene Tasche stecken möchte, statt sie an die Angestellten weiter zu geben.
Auch in Deutschland sind Jobs an der Uni alles andere als sicher: 78 Prozent der Wissenschaftler:innen und 16 Prozent der Mitarbeiter:innen in Technik und Verwaltung haben befristete Verträge. Entlassungen sind also nicht schwer. In Spanien wurde der Arbeitsplatzabbau damit begründet, dass die Zahl der Studierenden pro Kurs wegen Corona von 30 auf 80 gestiegen sei. Diese Entwicklung dürfte auch auf viele der deutschen Universitäten zutreffen. Weitere Argumente, wie Geldmangel und „Modernisierung“, werden bereits seit längerem immer wieder vorgetragen. Ob die Entlassungen in Spanien und Großbritannien Vorbild für ähnliche Maßnahmen in Deutschland werden, bleibt abzuwarten. Bislang gab es keine derartigen Verlautbarungen, völlig abwegig scheint es aber nicht.
:Leon Wystrychowski
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