Review. David Finchers „Mank“ betrachtet die Entstehung des Drehbuchs für Orson Welles‘ „Citizen Kane“. Aber gelingt ihm etwas ebenbürtiges zu dem großen Klassiker?
Orson Welles schuf 1941 mit „Citizen Kane“ ein zeitloses Meisterwerk, das durch zahlreiche Innovationen Filme bis heute verändern sollte. Unter anderem deshalb gilt der mit neun Oscar-Nominierungen versehene Film für viele immer noch als einer der besten aller Zeiten. Ein weiteres Novum war, dass der damalige Newcomer Orson Welles, der sich vor allem durch seine berühmte Radiodarbietung von „Der Krieg der Welten“ einen Namen machen konnte, bei seinem Erstlingswerk als Regisseur zudem auch noch selbst die Hauptrolle, die Produktion und das Drehbuch übernahm. Damit legte er einen Grundstein für die wenig später entwickelte Auteur-Theorie, nach der der:die Regisseur:in als Autor:in und zentrale:r Urheber:in des Kunstwerks gesehen werden kann. Diese Form des Filmemachens soll für eine stärkere kreative Einheit sorgen, um nicht nur ein Kompromiss-Produkt aus vielen verschiedenen Federn zu erzeugen. Die Kritik an dieser Theorie weist darauf hin, dass es sich bei der Produktion eines Films immer um Teamarbeit handele und man nie genau sagen könne, welche Einfälle direkt von dem:der Regisseur:in stammen oder welche vielleicht von dem:der Kameramann:frau oder den Schauspielenden.
David Fincher greift diese Frage nun auf, indem er das Drehbuch seines 2003 bereits verstorbenen Vaters Jack verfilmte. Dabei handelt es sich ganz klar um ein Herzensprojekt des Regisseurs, der sich durch Filme wie „Fight Club“, „Sieben“ oder „The Social Network“ einen Namen machen konnte. Lange wollte kein Studio seinen Schwarz-Weiß-Film finanzieren, doch nun fand er mit Netflix einen Partner, der dafür bekannt ist, bereits berühmten Regisseur:innen viel Geld und eine freie Hand für ihre Projekte zu geben. Bei diesem handelt es sich zweifelsohne um einen Anwärter auf die Oscars 2021, denn Hollywood liebt nun mal Hollywood und insbesondere die Geschichten über seine goldenen Zeiten.
Der sogenannte „Mank“ heißt eigentlich Herman J. Mankiewicz, und wird hier von Gary Oldman als schrulliges, aber gewieftes Genie mit gewaltigem Alkoholproblem verkörpert. Von einem Autounfall vorerst an sein Bett gefesselt hat er 60 Tage Zeit, um für das Wunderkind Welles ein Drehbuch zu verfassen. Das Unterfangen wird von einigen Rückblicken gespickt, in der die Inspirationsquellen und Verantwortlichen für den Werdegang von Hollywood und Mankiewicz gezeigt werden sollen. Die ganze Machart von „Mank“ soll ein großes Zitat seines großen Vorbilds sein, wofür der Perfektionist Fincher den Film zwar mit der modernsten Technik aufnahm, das Material aber in der Postproduktion künstlich verschlechtern ließ, was für ein extrem weiches Bild mit rauschendem Ton sorgt, das von kleinen Gimmicks wie Kratzern im Bild und „Cue Marks“ begleitet wird. Man wird hier die ganze Zeit daran erinnert, dass man einen Film schaut, der genauso aussehen will, wie er aussieht, allerdings passiert dies auf eine sehr verkrampfte Weise. Die Dialoge stupsen das Publikum permanent an, als wollte der Film sagen: „Guck mal, wir können auch politisch!“
Fincher will hier Orson Welles als Auteur vom Thron stoßen, indem er die aufreibende Arbeit des Drehbuchs zeigt. Statt die Theorie aber zu entkräften, setzt er lediglich Mank an dessen Stelle und zeigt uns über zwei Stunden, wie ein Betrunkener an seiner Schreibblockade leidet, wofür die Meisten auch einfach nur auf die nächste Hausarbeit hätten warten können. Fincher erzählt die eigentlich interessante Geschichte jeweils ähnlich spannend.
:Henry Klur
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