Bild: Beim Streamen aus dem Fenster gucken und Träumen – Bahram Deyjour und seine Nay können Euch dabei helfen. , Das Tor zu Teheran Bild:fufu

Kultur. Seit dem 26. November und noch bis zum 19. Dezember findet ein Festival statt, das die Türen zur Experimentalmusik-Szene Teherans öffnet. Zwei Jahre fand es in Berlin statt und jetzt im Worldwide Web. 

Seit dem Jahr 2018 gibt es ein Festival, das eine Facette des Irans aufmacht, die vielen Leuten unbekannt sein dürfte: Die kulturelle Liebe des Irans zu Experimentalmusik. „Gate of Tehran“ (GoT) nennt sich dieses Festival, das zum dritten Mal die Bühne bietet für Musik, Performance und Talks mit iranischen und iranisch-stämmigen Künstler:innen. Hinter diesem Festival steckt das Teheraner Künstler:innenkollektiv „House No. 4“ sowie die in Berlin ansässigen iranisch-stämmigen Musiker:innen von Langtunes, die dieses Festival gemeinsam im Jahr 2018 erstmalig organisierten. Die Langtunes beispielsweise sind eine Band, die seit dem Jahr 2009 tanzbaren Alternative-Indie-Rock mit englischen Texten machen, der ein bisschen so klingt als würden At the Drive-In auf die Arctic Monkeys treffen. Zuletzt ist es leider still um sie still geworden, beziehungsweise scheinen sie sich mehr der elektronischen Musik zugewandt zu haben.  

Dennoch bietet das Gate of Theran Festival eine weite Bandbreite an Künstler:innen, die sehr verschiedene Musikrichtungen einschlagen. Alternative-Indie-Rock gab es beispielsweise vergangenen Samstag von der Band The Lemonois aus Masshad im Iran. Mit der Band Bang wurde es wiederrum besinnlicher: Indie-Folk-Pop der an die Musik von Glen Hansard denken lässt und definitiv ein Anspieltipp ist tinyurl.com/banginstagram. Klassisch-experimentell wurde es beispielsweise mit Mehdi Behboudi, einem Soundkünstler und Performer aus Teheran. Behboudi arbeite und experimentiert seit 1999 mit computergenerierter Musik und seit dem Jahr 2007 setzte er seinen Fokus verstärkt auf Live Performances. Für seinen Beitrag für das GoT-Festival erzeugte er unter anderem Klänge mit den Scherben eines zerbrochenen Tellers. Seinen knapp 20-minütigen Beitrag könnt Ihr unter tinyurl.com/behboudiinsta finden. Traditionell und minimalistisch wurde es unter anderem mit Bahram Deyjour, der alleine mit seiner Nay (eine Endkantenflöte ohne Mundstück) und punktuellem A capella-Gesang vor seinem Fenster steht und 13 Minuten lang zur mentalen Traumreise einlädt: Ferne Welten frei von Alltagsstress und Isolation. 

Denn in einem Aspekt unterscheidet sich das GoT-Festival gefühlt von keinem anderen Festival der Welt in diesem Jahr. Es findet komplett Online statt. Dafür nimmt es dieses Jahr aber auch größerAusmaße an. Über nahezu einen ganzen Monat (26. November bis 19. Dezember) habt Ihr die Chance, viele verschiedene Live Music Performances, Improvisationen, Diskussionen und vorab vorgefertigten Live-Recordings von verschiedenen Künstler:innen zu erleben. Alles unter dem Thema „What are the responsibilities of artists around the world?“. Denn die Corona-Pandemie hat uns allen gezeigt, wie eine ernsthafte Bedrohung dazu führen kann, dass alles um uns herum in wenigen Wochen umstrukturiert wird. Daher fragt man sich beim Gate of Theran: Was ist die Rolle der Künstler:innen in Anbetracht einer solchen globalen Herkules-Aufgabe? Steht es in der Verantwortung der Künstler:innen Veränderungen durch ihre Kunst mitzugestalten? Doch zumindest diese Veränderung kann man mitnehmen: Nachdem die ersten beiden Gate Of Theran Festivals, die beide in Berlin stattfanden, dabei geholfen haben, die kontemporäre Musik-Szene Teherans für ein Publikum in Deutschland zu eröffnen, haben sie in diesem Jahr die Chance auf ein weltweites Publikum.      

  :Christian Feras Kaddoura

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