Kommentar. Der Impfstoff von den Firmen Pfizer und Biontech steht kurz vor der Zulassung in Europa. Schon jetzt sichert die EU mit einem Vertrag eine bestimmte Anzahl an Impfdosen. Die WHO warnt vor „Impfstoff Nationalismus.“
Bald wird es soweit sein und wir werden einen von Behörden zugelassenen Impfstoff haben, der mit hoher Wahrscheinlichkeit zu 90 Prozent wirksam sein wird. Doch nur durch die Entdeckung eines Impfstoffs wird die Pandemie nicht von heute auf morgen aufhören. Es wird wahrscheinlich ein langer Prozess werden, bis genug Menschen geimpft sind, um die geltenden Beschränkungen zu lockern, wenn sich die Leute überhaupt impfen lassen. Aber nicht nur Menschen werden ein Problem sein, welches diesem Impfstoff vorausgehen wird, sondern auch die Verfügbarkeit dessen. Zumindest eins dieser Probleme ist lösbar, wenn man genug Mittel hat, um Verhandlungen über Impfdosen zu führen. Weniger oft fragt man sich aber bei dem Thema, wie wir überhaupt an den Punkt kamen, dass wir Verhandlungen über einen Impfstoff führen können.
Die Entwicklung des Impfstoffs von Pfizer und Biontech wurde nur durch Tests in Ländern möglich, bei denen das Infektionsgeschehen verhältnismäßig hoch war. Dadurch konnte der Impfstoff in den finalen Phasen der klinischen Tests auf seine Wirksamkeit getestet werden. Dass die meisten dieser Länder, die ein hohes Infektionsgeschehen aufweisen, zufälligerweise auch Länder sind, die eine relativ großen Anteil an Armut innerhalb ihrer Bevölkerung aufweisen, machte es für diese Konzerne wahrscheinlich noch einfacher ihre Tests durchzuführen. So haben die Unternehmen ihre brasilianischen Probant:innen zum Beispiel nicht vergütet. Die einzige „Belohnung“ für die Teilnehmer:innnen dieser Studien war die Hoffnung auf einen Impfschutz.
Die Wirksamkeit dieses Impfstoffs eines solchen wurde auf den Rücken der Länder gebaut, die durch politisches Versagen den Schutz ihrer Bevölkerung nicht garantieren konnten und sich nun nicht leisten können, Verhandlungen mit den Unternehmen Pfizer und Biontech zu führen.
Das Problem ist die mangelnde Transparenz dieser Verhandlungen. Es gibt derzeitig keine Garantie, dass Europa oder die USA einen Vorteil gegenüber der restlichen Welt haben, weil die Firmen, die diesen Impfstoff entwickelt haben, ihren Sitz dort haben. So gibt es auch Verhandlungen mit Israel und Brasilien, aber auch hier ohne wirklichen Einblick über die Kosten der Impfdosen und genauen Details der Verhandlungen. Der „Impfstoff Nationalismus“, vor dem die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt, hat bereits begonnen und das Wettrennen, welches Land zuerst seine Finger an diesen Impfstoff bekommt, geht in die erste Runde. Dass eine Pandemie nicht beendet wird, indem ein einzelnes Land sich impfen lässt, scheint dabei nicht so wichtig. Das eigene Land muss sicher sein.
Es bleibt nur zu hoffen, dass sich eine bessere Regelung finden lässt, um die Verteilung des Impfstoffs von Pfizer und Biontech weltweit zu garantieren, sodass man diese Pandemie auch unter Kontrolle bekommt. Hier müssen alle Länder der Welt an einem Strang ziehen, denn einem Virus ist herzlich egal, wo sich eine Landesgrenze befindet oder nicht. Die Impfdosensicherung wirkt auf den ersten Blick wahrscheinlich sinnvoll, aber auch nur, wenn alle Länder dieser Welt in der Lage sind, einen verhältnismäßigen Anteil dieses Impfstoffs zu bekommen. Es wäre für alle wünschenswert, dass die Weltgemeinschaft das hinkriegt – auch mit Kapitalismus.
:Gerit Höller
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