Kommentar. Erneut gibt es einen Skandal bei der Polizei. In Mülheim schickten sich Beamte in einem Gruppenchat rechtsextreme und nationalsozialistische Inhalte. Die Politik reagiert erschüttert, doch solche Vorfälle können eigentlich niemanden mehr überraschen. 

Es kommt so langsam das Gefühl auf, das fast wöchentlich neue Fälle von Rechten in den Reihen der deutschen Polizei ans Tageslicht kommen. Dieses mal steht NRW im Mittelpunkt des Skandals. 30 Polizisten, einschließlich des Dienstgruppenleiters, der Polizeiwache Mülheim an der Ruhr sind vom Dienst suspendiert worden, nachdem sie als Teilnehmer von Chat.Gruppen identifiziert wurden, in denen rechte und nationalsozialistische Inhalte geteilt wurden. NRW-Innenminister Herbert Reul reagierte auf die Ermittlungen gegen die beteiligten Polizist:innen fassungslos. Doch niemand kann wirklich so naiv sein, dass er dies nicht hat kommen sehen. Die deutsche Polizei hat ein ernsthaftes Problem. 

Trotz der neuen Erkenntnisse lehnt Reul eine wissenschaftliche Studie zu den Zuständen in seinen Polizeibehörden ab. Stattdessen betonte er, dass es bereits Studien bei Polizeianwärter:innen gegeben hat. Außerdem dürfe die arme Polizei nicht unter Generalverdacht gestellt werden, meint man von Seiten der Union. Doch ich Frage, wieso nicht? Offensichtlich gibt es Strukturen in der Polizei, die entweder Rechte mit offenen Armen empfangen oder dazu führen, das sich Beamt:innen radikalisieren. Dass autoritäre Machtpositionen wie die Befugnisse von Polizist:innen Menschen mit rechten Gedankengut anlocken, sollte wirklich jedem einleuchten. Zudem sind Polizist:innen keine Heiligen, die durch den Eid zu moralischen Instanzen werden. Auch sie können gegen Gesetze verstoßen oder verwerfliches Gedankengut haben. Doch auch wenn Reul kein strukturelles Problem sehen will, so spricht auch er nicht mehr von Einzelfällen. Und wenn selbst Unions-Politiker:innen sich so äußern, dann weiß man, dass die Kacke am dampfen ist. 

Als Lösung wird derzeit von Seiten der NRW-Regierung nur die sagenumwobenen Selbstreinigungskräfte innerhalb der Polizeibehörden beschworen, die den Beweis ihrer Wirkung bislang schuldig geblieben sind. Nach der „Auskehrung“ würde die „Polizei besser dastehen“ – die problematischen Beamt:innen werden aus dem Dienst entfernt und niemand macht sich Gedanken über die Ursachen für eine potentielle Radikalisierung unter Polizist:innen, bis es einen neuen Vorfall gibt und das ganze Spiel wieder von vorne losgeht. Der bisherige Umgang von Seiten der Politik mit dieser Thematik scheint nicht an einer Lösung interessiert zu sein, stattdessen werden nur Symptome behandelt und der normale Betrieb soll nach blindem Aktionismus wieder weitergehen. Tatsächlich gibt es bereits Maßnahmen, die rechten Gedanken Gegenwind leisten sollen, wie die Regelabfrage bei Polizeianwärter:innen nach Einträgen beim Verfassungsschutz, die interkulturellen Schulungsmodule oder Staatskunde in der Ausbildung, doch diese scheinen keine Wirkung zu haben. 

Trotzdem soll es keine umfassenden Untersuchungen geben. Die Polizei könne ja so einen Imageschaden erlangen, bangt die CDU. Doch nichts könnte mich weniger interessieren. Zum einen hat die Polizei bereits ihr Bild in der Öffentlichkeit beschädigt, oder ihr wahres Gesicht gezeigt, je nachdem wie man es sehen will, zum anderen sind rechte Polizisten kein lästiger Skandal, der schlecht fürs Image ist, sondern eine reale, wenn nicht sogar tödliche Gefahr im Alltag für Menschen, die nicht in deren Weltbild passen.

:Philipp Kubu

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