Kommentar. Allet datselbe? Oder voll wunderbar, individuelle Schneeflocken? Was früher Sat.1, Prosieben, RTL, ARD, ZDF und Co. hieß, heißt heute Netflix, Disney+, AppleTV+ oder DC Universe. Die neue Sender-Kultur.
Vor gut einem Jahr und 40 :bsz-Ausgaben (:bsz 1223), haben wir Euch von dem bevorstehenden Kampf berichtet und durch Krise und Lockdown haben wir mit ihnen mehr Zeit verbracht als es uns eigentlich lieb ist: Streaming-Dienste. Die neue Generationsfrage: „Wieso zahle ich eigentlich noch GEZ? Ich guck doch eh kein Fernsehen. Nur Netflix“, und bei vielen trifft das zu. Wir hören weniger und weniger Radio, Fernsehen mit Werbeunterbrechungen wollen wir auch nicht mehr und illegal Serien online zu gucken, mit seinen tausenden Pop-Ups und langsam ladenden Streams, löst auch bei vielen Zuschauer:innen die Reaktion aus: „Da bezahl ich lieber fünf Euro im Monat und guck das ohne Probleme“. Aber ist das wirklich alles so unproblematisch?
Bei der großen Vielfalt verschiedener Streaming-Anbieter mit verschiedenen Programmen (und Exklusiv-Titeln), fällt es schwer den oder die Richtige:n zu finden. Amazon und Netflix sind schon fest in der TV-Landschaft und haben ihren Weg bereits auf das Interface vieler Fernbedienungen gefunden, doch jetzt haben wir in Deutschland auch seit ein paar Monaten die Möglichkeit, die Dienste Disney+, AppleTV+ und viele weitere zu benutzen. Doch die Vielfalt erschlägt einen fast. Und wenn man schon die Übersicht über die verschiedenen Streaming-Anbieter verliert, wie soll man dann noch den Überblick über all deren Serien behalten? Klar, Qualität setzt sich am Ende irgendwie durch, doch man exkludiert große Teile des potentiellen Publikums einer Serie, wenn man dafür erst wieder ein neues Abo abschließen muss.
Früher war es so: Es gibt Fernsehen und es gibt Premiere … für Premiere geht man in die Bar oder zu Freund:innen, die diesen Dienst nutzen. Sich selbst ein Abo zuzulegen, für viele unnötig und undenkbar. Eher was für die großen Fußball-Fans. Heute ist Premiere: Sky beziehungsweise Sky Go. Und eine weitere Einreihung in die länger werdende Liste der Video-On-Demand-Streaming-Dienste.
Und das was früher noch sehr zögerlich passierte, geht heute ganz einfach: Das Probe-Abo. Eine Woche, einen Monat, ein Jahr umsonst?
Wenn man dann auch noch für einen längeren Zeitraum gezwungen ist zuhause zu sitzen und fern zu sehen (das C-Wort) ist so ein kostenloses Probe-Abo natürlich besonders schnell abgeschlossen. Eine Hürde weniger. Jetzt hat man dafür aber die Qual der Wahl! Wenn man potentiell alle Serien sehen möchte, die man so sehen muss, ist das irgendwann mit erheblich vielen, monatlichen Kosten verbunden. Die Woche, der Monat oder das Jahr sind schneller vorbei als man es merkt und auf einmal zahlt man schon die monatlichen Kosten. Gut, zumindest hier gibt es eine Verbesserung und die meisten Dienste lassen sich schnell und bequem kündigen, aber schlimmer: Jetzt habe ich eine Serie auf AppleTV+ gesehen und würde die gerne Freund:innen und Familie empfehlen, aber ich weiß, dass ich keine Person davon überzeugen werden kann, sich scheiß AppleTV+ zu holen. Das würde ich auch nicht mal wollen.
Lange Rede kurzer Sinn: Durch die gesamte Aufspaltung der verschiedenen Anbieter mit verschiedenen Programmen haben wir einfach eine neue Form der Senderkultur. Nur, dass man jetzt für jeden Sender einzeln zahlt. Und monatlich. Während man früher nach dem Kauf des Endgerätes mehr oder weniger loslegen konnte, kann und muss man sich jetzt immer mehr Erweiterungen zulegen, um Spaß im Flimmerkasten zu haben. Und das Internet darf auch nicht lahmliegen.
Und anderen Leuten Dinge empfehlen, geht auch nicht mehr so einfach.
Ich frage mich: Wie viel haben wir von Filmen und Serien, wenn sie keiner sehen kann?
:Christian Feras Kaddoura
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