Kommentar. Was vergangene Woche passiert ist, liest sich wie ein Krimi. Korruption, Spionage und ganz viel dazwischen. VW wurde abgehört und 50 Stunden Audiomaterial konnten gesammelt werden.
Über ein ganzes Jahr lang hat man ein Mikrofon in die Konferenzzimmer des Großkonzerns gelegt und dabei fast jedes Meeting aufgezeichnet, das um die Entledigung des bosnischen Herstellers Prevent ging. Dass es immer mal wieder wie in einem schlechten Film bei VW läuft, ist den meisten wahrscheinlich schon spätestens nach der Diesel-Affäre klar. Dass es aber so wahnwitzig ist, hätte man sich glaube ich dann aber doch nicht vorgestellt. In den Audiodateien wird offen darüber geredet, dass Altkanzler Schröder seine russischen Beziehungen einsetzen könnte, um dem Zulieferer Prevent Druck zu machen, so dass dieser sich aus der Affäre zieht – für Herrn Schröder wäre dies übrigens kein Problem, da er ja die besten Beziehungen zu dem Konzern pflegt, dessen Aufsichtsrat er mal besetzte. Alles nur Ideen oder doch nicht? Der Wolfsburger Autokonzern äußerte sich bisher noch nicht zu den Tapes (Stand 4. August). Ein Verdächtiger wurde aber bereits ausgemacht und es wurde auch bereits Klage eingereicht. Was der Täter damit erreichen wollte, ist dabei unklar.
Es scheint absurd, dass immer wieder dieser eine Konzern, der übrigens bis heute zu zwanzig Prozent dem Land Niedersachsen gehört, in derart absurde und offensichtlich halblegale Affären mit hineingezogen wird. VW ist ein Paradebeispiel für schlechten Kapitalismus, der kein großes Geheimnis aus dem Umstand macht, dass jeder zweite hochrangige Politiker irgendwann im Aufsichtsrat dieses Giganten sitzt und anscheinend alleine dies genug prägt, um dann voll und ganz in die Korruption abzurutschen. Recherchiert man zu dem Thema, kann man es nicht wirklich glauben und gleichzeitig hat man es sich genau so vorgestellt. Man stellt sich schnell die Frage, was man eigentlich sonst so nicht mitbekommt und das Verlangen, solche Unternehmen in irgendeiner Weise zu bändigen, wird in mir zumindest immer größer. Es muss einen Weg geben, die immer extremer werdenden Verschachtelungen deutscher Großkonzerne in die Politik weiter offen zu legen. Es erscheint mir unbrauchbar, Unternehmen mit solch einer Macht wie VW in Schutz zu nehmen und als Opfer einer Abhöraffäre darzustellen, wenn diese aufdeckt, welche hinterlistigen Interessen hinter manchen Entscheidungen eines Konzerns dann doch stecken. Alleine in Wolfsburg zählt Volkswagen ein bisschen mehr als 60.000 Beschäftigte, deren Interessen in solchen Gesprächen mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit außen vor bleiben. Viel lieber sind Themen wie: Staatliche Korruption, angezettelt von einem Unternehmen mit staatlichen Anteilen, um Zulieferketten stornieren zu können, denen man ansonsten Schadensersatz zahlen müsste, wenn man ihnen einfach so mal eben kündigt.
Die Hoffnung bleibt immer die Gleiche. Wann fangen wir an, Unternehmen mehr unter die Lupe zu nehmen? Es kann nicht sein, dass Unternehmen wie Volkswagen das Rentner:innenparadies für ausgediente CDU/CSU und SPD Politiker:innen bildet, während immer mehr Fabrikarbeiter:innen über Leiharbeit und fehlende Sozialleistungen klagen. Fehlende Transparenz und fehlende Einsicht scheinen hier eine besonders perfide Rolle zu spielen. Kleine Schritte würden schon ausreichen, um größere Schäden zu verhindern. Ich fordere mehr Transparenz, mehr Offenlegung von konzerninternen Besprechungen und mehr Offenlegungen für was wer bezahlt wird. Eins steht fest: Solange es Konzernspionage gibt, werden solche Leaks auch bleiben. Inwiefern es ein Skandal bleiben muss, ist unklar!
:Gerit Höller
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