Digitale Konzerte. Am Samstagmorgen gab es trotz Pandemie und Verboten ein Festival. Wo? Auf Twitch, YouTube und in Minecraft. Das habe ich mir mal angeschaut.
Auf die nächste Gelegenheit, gemeinsam mit vielen Menschen zu Musik zu feiern, ob nun im kleinen, vollen Club oder auf großen Freiluft-Festivals und ob Techno, Heavy Metal oder sogar beides – darauf werden wir wohl noch eine Weile warten müssen. Umso mehr freue ich mich über Veranstaltungen die mich davor retten über diese Zeit einen zu starken Entzug von der Live-Experience zu erleiden. Aktuell denken dabei viele wohl zum Beispiel an den Auftritt von Travis Scott in Fortnite. Nachdem bereits Anfang letzten Jahres ein ähnliches in-game Konzert von Musikproduzent und DJ Marshmello stattfand, das um die zehn Millionen Spieler*innen anzog, fand am frühen Morgen (deutscher Zeit natürlich) des 24. April nun das nächste Event statt. Laut dem offiziellen @FortniteGame Twitter-Account waren dieses Mal 12,3 Millionen Spieler dabei.
Für mich war das Event der Woche jedoch ein anderes: Square Garden, das mittlerweile 5. Projekt von Open Pit, die seit Ende 2018 Livestream-Konzerte organisieren. Letztes Jahr spielte auf diesen Festivals eine abwechslungsreiche Mischung aus DJs und anderen Musiker*innen, wie Anamanaguchi, A.G. Cook und Dorian Electra. Auf dem „Nether Meant“ Festival am 11. April konnte man sich sogar Emo-Ikonen American Football live anschauen. Das alles wird begleitet von Spendenaktionen. Das Gimmick dabei? Wie bereits die Namen der Festivals erahnen lassen, gibt es einen Minecraft Pit auf eigens für die einzelnen Festivals erstellten Servern. Mag seltsam klingen, ist es auch. Die Idee und die offensichtlich dahinter stehende Mühe verdient jedoch definitiv Respekt.
Dieses Mal wurde das Festival vom experimentellen Pop-Duo „100 gecs“ präsentiert, die damit ihre ausgefallene Tour ersetzen und ihr wohl bald erscheinendes Remix-Album feiern wollten. Sets gab es dabei von Künstlern die auch an diesem Album beteiligt sind, wie Kero Kero Bonito, Dorian Electra und mit der britischen Sängerin Charli XCX wohl der Act mit dem bisher größten Mainstream-Erfolg bei einem Open Pit Festival. Aber auch Parry Gripp trat auf, dessen Namen vielleicht wenige kennen, der jedoch mit Liedern wie „Do you like Waffles?“ (Yeah we like waffles!) und „Nom Nom Nom Nom Nom Nom Nom“ zu den absoluten Stars des YouTubes der späten 2000er gehört. Eine bunte Mischung aus Dance-Rock, Indie, Hyperpop, Nightcore und Happy Hardcore sowie Mash-Ups von bekannten Pop- und Eurodance-Songs. Das mag inkohärent oder willkürlich wirken, bis man sich auch nur kurz mit der Musik von 100 gecs beschäftigt, die sich beinahe jeder zutreffenden Beschreibung zu entziehen scheint, oder, wie Musikkritiker und Betreiber des YouTube-Channels theneedledrop, Anthony Fantano es in seiner Kritik des 2019 erschienenen Albums 1000 gecs ausdrückte: „THERE‘S EVEN A SKA SONG“.
Nun klebte ich also am 24. von 12:00 bis 4:30 Uhr morgens an meinem Bildschirm und genoss die Flut an musikalischen Reizen, den Live-Chat auf YouTube und nebenbei auch den Discord-Server auf dem Fans versuchten die überall versteckten Hinweise auf das Album zu lösen, welches wahrscheinlich schon irgendwo im Internet nur darauf wartet gefunden zu werden. Auch die Spend*innenaktion war ein Erfolg: Genaue Zahlen wurden noch nicht bekanntgemacht, jedoch wurde das Ziel 15.000 Dollar für die gemeinnützige Organisation „Feeding America“ zu sammeln bereits während des Festivals erreicht. Und auch wenn der Chat größtenteils daraus bestand, dass Leute „gecgecgec“ oder „Trans Rights!“ (Trans Rights!) spammten, kann ich nicht abstreiten, dass damit ein gewisses Gefühl des „Zusammenseins“ einherging, was ich aktuell so vermisse. Die Zeitverschiebung machte mir zwar etwas zu schaffen, jedoch freue ich mich auf weitere Veranstaltungen dieser Art: 16.05., Block by Block West, Save the Date!
:Jan-Krischan Spohr
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