Bild: (Selbst-)Wert schöpfen

Kommentar. Das Durchpauken des Studiums, um Marktwert zu erhalten steht unter Kritik – doch Kritiker*innen machen häufig den selben Fehler.

Das Studium ist eine Berufsausbildung. Zumindest, wenn es nach den auf Regelstudienzeit getrimmten Bologna-Reformen und Landesgesetzgebungen geht, die diese durch Anwesenheitspflichten und Studienverlaufspläne durchsetzen wollen. Egal ob man im Studium Hard Skills oder Soft Skills erlernt, der Erwerb von zu verwirtschaftlichenden Fähigkeiten steht permanent im Vordergrund. Ob das nun Programmieren, Bilanzieren, Erfinden oder Lehren ist. Das Ziel ist, einen wirtschaftlich veräußerbaren Mehrwert zu schaffen – den Studierenden einen Wert zu geben. Häufig wird dieser Idee als rebellischer Individualismus das Studieren um des Studiums willen entgegengesetzt, als Gegenentwurf der durch die Verwirtschaftlichung des Wissenserwerbs liegen gebliebenen Langzeitstudierenden.

Das Problem: Vom Grund her sind beide Entwürfe nicht verschieden, denn sie folgen einer ähnlichen Logik der persönlichen Verbesserung und Nützlichmachung. Nicht selten hört man schließlich erlösende Argumente wie: „Arbeitgeber*innen wollen mittlerweile ja gar keine Vorzeigestudierenden. Die haben nur gepaukt, aber nichts gelernt.“ Somit wird das langatmige Studium zum eigentlichen Weg zur nützlichen, ausgeglichenen und erleuchteten Persönlichkeit gedeutet und gleichzeitig eine intellektuelle Erhabenheit über den Rest impliziert. Radikalität wäre in diesem Kontext nicht der freie, ungehemmte und in viele Richtungen gewandte Wissenserwerb, sondern die Faulheit. Doch wer will das schon? Denn wie unsere derzeitigen Lebensumstände zeigen, zehrt das Nichts-Tun auf Dauer bei vielen ebenfalls an den Nerven. Wir wollen nützlich und wertvoll sein. Häufig wird der Wert einer Person allerdings an ihrem wirtschaftlichen Nutzen gemessen, was zurecht in die Kritik gekommen ist. Aber auch sonstiger Wert entsteht nicht erst durch ein Studium – weder persönlich noch intellektuell. Denn auch wer gefühlt wenig schafft oder keine Selbstverwirklichung, Selbstoptimierung und Selbstentwicklung durchläuft, ist wichtig und kann anderen Menschen Freude, Liebe und Glück bringen.

:Stefan Moll

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