Projekt. Ein Projekt der Slavistik, bei dem man nicht nur CPs sammeln, sondern auch Senior*innen während der Coronakrise – und darüber hinaus – helfen kann.
Vieles ist in der Coronakrise aktuell nicht mehr möglich – und auch Projekte leiden darunter. Doch manchmal entstehen aus dem zwangsweisen Umdenken auch wieder neue Aktionen: So auch bei UnVergessen, einem Projekt des Seminars für Slavistik an der RUB.
Unter der Leitung von Dr. Katrin Bente Karl existiert UnVergessen seit 2016. Laut der Selbstbeschreibung als ,,Projekt zur sprachlichen Situation russisch- und polnischsprachiger Pflegebedürftiger‘‘ fand es in Form eines Seminars wiederholt über den Verlauf von jeweils zwei Semestern statt. In dieser Zeit betreuten Studierende mehrsprachige Bewohner*innen in Senior*innenheimen – hierbei lag der Fokus auf mehrsprachigen Menschen, da durch Krankheiten wie Demenz häufig Verlust der Zweitsprache und durch die daraus entstehenden Kommunikationsschwierigkeiten eine Isolation mit einhergeht. Die russisch- und polnischsprachigen Student*innen konnten den Senior*innen helfen, indem sie sich in ihrer Herkunftssprache unterhielten. Mittlerweile hat sich das Seminar auf weitere Sprachen ausgeweitet; dieses Sommersemester sollten auch monolinguale deutschsprachige Menschen inkludiert werden.
Neben dem Kontaktaustausch und Aufbau einer Beziehung standen hierbei für die Studierenden auch wissenschaftliche Fragen zu Themen wie Sprachverlust oder Isolation sowie sprachliche Praxis im Vordergrund. ,,Wir haben dabei viele Erfolgserlebnisse‘‘, erzählt Aldona Rzitki, Mitorganisatorin des Projekts. ,,Menschen, die kaum noch mit anderen agiert haben und beispielsweise nur noch in ihrem Stuhl oder Bett saßen, haben wieder angefangen, mit anderen zu sprechen, waren fröhlich, sind aufgeblüht und haben sich am Miteinander im Pflegeheim wieder beteiligt.‘‘
All dies ist jedoch aktuell nicht möglich. Eigentlich sollte das Projekt dieses Semester ausgeweitet werden, doch stattdessen mussten alle Besuche eingestellt werden.
Jedoch entstand aus der Not heraus die Idee für eine neue Abwandlung des Projekts: die Aktion ,,Briefe gegen die Einsamkeit‘‘. Bei dem Projekt können Interessierte sich in eine Liste eintragen und an eine*n Bewohner*in aus einem Seniorenheim oder ähnlicher Einrichtung vermitteln lassen. Im Anschluss schreiben die Teilnehmer*innen regelmäßig Briefe an die Senior*innen; auch Postkarten oder eigene Zeichnungen können versendet werden. Einige der Empfänger*innen können die Briefe selbst lesen und antworten, wodurch eine Art der Brieffreundschaft entstehen kann.
Zuerst wurde ein Aufruf gestartet, um zu schauen, ob viele Leute Interesse an der Aktion hätten – worauf die Organisator*innen zahlreiche Antworten bekamen. ,,Immer noch ist es so, dass sich jeden Tag fünf neue Personen als Helfer*innen für das Projekt melden‘‘, so Aldona. Allein vor Ostern konnten 191 Paare erfolgreich vermittelt werden. Aldona erklärt: ,,Wir hatten gar nicht so viele Pflegebedürftige, denen wir helfen konnten. Deshalb ist das Projekt automatisch gewachsen.‘‘ Es wurde Kontakt zu neuen Kooperationspartnern in Form von Seniorenheimen und betreutem Wohnen gefunden – nach Ostern werden sich die Organisator*innen weiterhin Mühe geben, möglichst vielen Senior*innen diese Möglichkeit zu bieten.
Briefe gegen die Einsamkeit hat keine befristete Laufzeit. Die Hoffnung der Organisator*innen ist momentan, dass die Aktion auch nach dem Kontaktverbot fortgesetzt werden kann und sich aus einigen der Vermittlungen auch langfristige Brieffreundschaften entwickeln.
Wer sich selbst gern beteiligen möchte, kann sich an projekt-unVergessen@rub.de wenden. Die Bewohner*innen entsprechen einer vielschichtigen Sprachpalette und die Paare werden auch danach vermittelt. Neben der persönlichen Ebene können Studierende im Sommersemester auch in Form eines digitalen Projektseminars daran teilnehmen und sich dieses universitär anrechnen lassen. Aldona fügt an: ,,Aber über das Seminar und das wissenschaftliche hinaus ist es einfach unglaublich schön, zu wissen, dass man anderen Leuten damit helfen kann.‘‘
:Charleena Schweda
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