Politik. Warum ein in Senegal geborener Chemiker mit Schüssen vor seinem Wahlbüro rechnen muss?
Wahrscheinlich hätte sich Karamba Diaby nie vorstellen können, dass er mehr wegen rassistischer Handlungen auf seine Person im Fokus der Medien stehen würde, anstatt seiner Politik. Anscheinend ist ein gebürtiger Senegalese in der deutschen Politik dann doch zu viel für unsere Gesellschaft. Zumindest scheint dies so, wenn man sich den Werdegang der letzten Jahre dieses Politikers aus Halle einmal anguckt. Von ernstzunehmenden Morddrohungen bis hin zu Schüssen vor seinem Wahlkreisbüro, musste sich der Politiker öfters an den Personenschutz der Polizei wenden. Dann gibt es noch die üblichen Vermutungen, wie zum Beispiel die Annahme, dass Diaby integral Politik machen möchte oder sich ausschließlich nur für die Rechte von Mitbürger*innen mit schwarzer Haut einsetzt, obwohl er eigentlich Chemiker ist. Alltagsrassismus gepaart mit ernstzunehmender rechtsradikaler Gewalt – die Geduld und der Mut Diabys sind bewundernswert, wenn man vergleicht womit andere Bundestagsabgeordnete sonst so konfrontiert werden.
Wie also mit alle dem Umgehen? In einem Interview mit der Zeit betont Diaby die Wichtigkeit eine Debatte am Leben zu halten, um Rassismus nicht aus dem Weg zu gehen, sondern im Diskurs zu halten. Rassismus gäbe es überall auf der Welt und sei auch ernst zu nehmen, eine Demokratie müsse aber deshalb im Besonderen dafür sorgen, dass eine vernünftige Debattenkultur herrscht. Dass die Zahlen hasskrimineller und fremdenfeindlicher Übergriffe in den letzten Jahren unheimlich gestiegen sind – alleine im letzten Jahr um jeweils 50 (Hasskriminalität) und 66 (Fremdenfeindlichkeit) mehr Fälle als im vorherigen Jahr – ist keine wirkliche große Neuigkeit, doch immer wieder eine, die man sich vor Augen führen sollte. Denn das Problem mit rechtsextremer Gewalt beziehungsweise rechtsextremen Terrorismus verschwindet nicht einfach von der Bildfläche, solange man nicht gesellschaftlich an einem Strang zieht.
Was Karamba Diaby in Halle passiert ist, ist kein Zufall, sondern das Produkt einer immer größer werdenden rechten Ideologie, dessen fehlende Einsicht Nährstoff für Neuparteien wie die AfD gibt. Politiker*innen wie Diaby haben nicht die Möglichkeit einfach nur Politiker*innen zu sein, sondern sind anscheinend immer gezwungen mit Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in Verbindung gebracht werden zu müssen. Was weniger durchsickert bei dem Thema Diaby: Für welche Politik steht er? Für was setzt er sich ein? Welchen Ansatz verfolgt er? – Als Redakteur möchte ich dabei darauf verweisen, dass ich hierbei keine Werbung für ein Parteipolitisches Programm machen möchte und die Inhalte Diabys auf seiner Website einzusehen sind.
Man muss sich gezwungener Maße die Frage stellen, ob Diaby wegen seiner Politik oder seiner Hautfarbe angegriffen wird. Wahrscheinlich ist es wohl das letztere und ein Zeichen dafür, dass in unserem Denken als Gesellschaft etwas passieren muss. Fest steht, dass Deutschland massiv von den verschiedenen Einwanderungswellen der letzten 70 Jahre profitierte. Auch sollte es keine Überraschung sein, dass manche dieser Einwanderer*innen heute Politik machen. Der Fall Diaby zeigt, dass in Sachen Akzeptanz noch viel gesellschaftliche Arbeit zu leisten ist. Politiker*innen sollten aufgrund ihrer Politik beurteilt werden und nicht aufgrund ihrer Herkunft oder Hautfarbe.
:Gerit Höller
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