Bild: Rami Malek: Durch Mr. Robot gelang ihm der Durchbruch auf die großen Leinwände., Ende der Hackerserie Bild: © USA Network

Kommentar. Über vier Staffeln erzählte Mr. Robot eine Geschichte, die es zu einem kommenden Klassiker machen wird.

„Come on, this only works if you let go too“ heißt es in den letzten Minuten des Serienfinales von Mr. Robot, der von der Kritik gefeierten Serie rund um das Leben des Hackers Elliot Alderson, gespielt von Rami Malek (Bohemian Rhapsody und dem kommenden James Bond 007: Keine Zeit zu sterben). Es ist ein weiterer, letzter Moment, in dem das Publikum direkt angesprochen und in die Handlung integriert wird. Doch loszulassen ist leichter gesagt, als getan. Denn vier Staffeln lang lebten wir im Kopf von Elliot, der über weite Teile der Serie mit dem Publikum wie mit einem*einer imaginären Freund*in spricht. „We’re all living in each other’s paranoia” heißt es in der ersten Folge, in der wir in die Paranoia des Protagonisten eintauchen und sie zu unseren eigenen machen. Kaum eine andere Serie vermag es so gut, uns ihre Welt durch die Augen ihrer Charaktere zu zeigen und uns dazu zu bringen, das zu glauben, was sie glauben. Selbst wenn der Schein trügt und die Figuren sich selbst hinter das Licht führen. Das ist die grundlegende Menschlichkeit von Mr. Robot: Ursprünglich als ein Hacker-Fight Club gepitcht, geht die Serie von Sam Esmail über den reinen Zynismus des Vorbildes hinaus und erzählt mithilfe der Metapher des erfrischend realistisch dargestellten Hackings samt Kali Linux-Kommandozeilen und Social Engineering eine Geschichte über den Wandel zu besseren gesellschaftlichen, aber auch individuell-psychologischen Systemen. Denn die Serie reduziert das Sinnbild des Hackings häufig auf seinen grundlegendsten Mechanismus: Das Ausnutzen von Schwachstellen. Aber während Mr. Robot häufig eine dunkle Serie ist, gibt sie sich nie der reinen Zerstörung hin. Denn die entstehenden Scherben werden in Momenten der verletzbaren Aufrichtigkeit aufgehoben. Dass dies von einer Serie kommt, die an vielen Stellen mit digitalen Räumen umgeht – Räume, die verletzbare Aufrichtigkeit ohne hunderte Schichten von Ironie und Sarkasmus entweder nicht beachten oder nicht zulassen – ist sicherlich bewusst gewählt.

Auch die Schwachstellen der Zuschauer*innen werden ausgenutzt. Sowohl was wir sehen und hören, als auch unsere Hoffnungen und Wünsche an die Dramaturgie sind selbstbewusster Teil der Handlung. Somit wurde die Serie während ihrer Laufzeit zu einem Reddit-Phänomen mit dutzenden parallel laufenden Plot-Theorien, die die Macher*innen verfolgten und teilweise spielerisch subtil in die Geschichte einbauten. Das bedeutet jedoch nicht, dass das Drehbuch improvisiert wurde. Denn nach dem Serienfinale ist deutlich, dass Mr. Robot ein Werk ist, das von Anfang an durchgeplant war und durch die Auflösung beim zweiten Mal Schauen umso mehr Spaß macht, da sie ihr tiefstes Geheimnis im hellem Licht versteckte. „Always gotta have a Wow ending. Otherwise, what‘s the point?“ fragt der von Bobby Cannavale diabolisch-charmant gespielte Antagonist Irving in einer Folge.

Trotz Lob von der Kritik und einer stabilen und treuen Fanbase waren die Zuschauer*innenzahlen von Mr. Robot rückläufig, was sowohl auf die seit 2015 stark veränderte Releaseform von Serien, aber auch auf die eigene Dramaturgie von Mr. Robot zurückzuführen ist. Durch den hohen Rewatch-Value und die starke Fanbase ist es jedoch eine Serie, die das Potential hat, ein Kultklassiker zu werden. Am Ende ist Mr. Robot vor allem eine Serie, die uns dafür belohnt, dabei geblieben zu sein und ein kleiner Teil eines Wandels zu sein.

:Stefan Moll

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