Bild: Mit Greenscreen und Selfie-Stick: notsopretty zeigen Selbstdarstellung in und Möglichkeiten von Dating-Apps., Der Computer Nummer 3 Bild:notsopretty

Performance. Das Kollektiv notsopretty zeigt, was es mit uns macht, dass das Internet auch Einzug in unser Datingverhalten gehalten hat.

Tinder, Grindr, OkCupid, Once, Candidate und so weiter: Die Bandbreite der Dating-Apps, die mittlerweile auf dem Markt sind und sich zu klassischen Datingseiten wie Parship und Co gesellen, ist immens. Für fast jeden Geschmack, jeden Kink und jede Sexualität ist etwas dabei. Sie locken mit spielerischen Ansätzen, personalisierten Algorithmen und der Aussicht auf die große Liebe, eine neue Bekanntschaft oder den schnellen Flirt.

Wie wir auf unterschiedliche Weise mit Geschwindkeits-getriebenem Dating umgehen und darauf reagieren, ist Grundbestandteil der Performance „Der Computer Nummer 3“ des Performancekollektivs notsopretty, das aus Anna Júlia Amaral, Marcel Nascimento und Nina Weber besteht. Das Projekt startete als Storytelling-Performance, bei der die Künstler*innen ihre eigenen Erfahrungen austauschten: „Wir haben davor häufiger privat darüber gesprochen“, sagt Nina. Dabei sind sie auf die Erkenntnis gestoßen, dass sie sehr unterschiedliche Herangehensweisen beim Onlinedating haben. Egal ob es sich um das Verschicken von gifs als Gesprächseinstieg, ein Kommentar über ein Bild, einen Witz oder anderes handelt. Wie sich die Erfahrungen und Eindrücke unterschiedlicher Personen ausdrücken ist deshalb auch Teil der Performance, die keineswegs einseitig die positiven und negativen Effekte der Thematik beleuchtet, sondern stellenweise witzig, albern, absurd, ernst, aufrichtig und leidenschaftlich ist.

Auch geht es darum, ehrlich über Onlinedating zu sprechen und Hemmungen aufzulösen. „Wir haben entdeckt, dass da bei vielen ein Schamgefühl existiert“, stellt Nina fest. Partner*innen über eine App kennenzulernen sei in den Köpfen vieler minderwertig, also erzählen sie beispielsweise zwei unterschiedliche Kennenlerngeschichten. Die Offizielle, ganz ohne Dating-App und die Wahre. „Was ist die richtige Welt?“ fragt Marcel deshalb und kritisiert damit das Bild der Online-Welt als nicht real. Er selbst benutzt Dating-Apps und Plattformen schon seit vielen Jahren. Da er auf dem Land aufwuchs, waren Onlineangebote für ihn häufig die einzige Möglichkeit, neue Menschen kennenzulernen. Besonders für viele queere Personen mit nicht-heteronormativen Sexualitäten bieten die Apps daher erstmals Möglichkeiten, die sie davor nicht hatten. Auch für Nina bietet App-Dating die Möglichkeit, ganz unterschiedliche Menschen zu treffen „Ich habe dabei schon Leute kennengelernt, die ich sonst nicht treffen würde. Ich kann so aus meiner Bubble austreten.“ Denn ihr privates Umfeld besteht vor allem aus Studierenden und Künstler*innen. Während immer häufiger über die Polarisierung und Spaltung in Subkulturen durch moderne Kommunikationsformen gesprochen und geschrieben wird, stellt das Kennenlernen von Menschen, die nicht aus dem eigenen sozialen Umfeld kommen, ein Gegenmittel dar. Doch auch Unsicherheiten sind damit verbunden. Dickpics, Beleidigungen, andere Übergriffe: Auch dies ist ein inhärenter Teil von Dating-Apps und ein alltäglicher Faktor, den die Künstler*innen nicht unausgesprochen lassen. Denn Dating-Apps sind here-to-stay, weshalb es den Künstler*innen wichtig ist, ein Bewusstsein für den Umgang mit ihnen zu schaffen, egal ob sie gut oder schlecht sind.             

:Stefan Moll

Info:Box

Karten könnt Ihr für den 11. und 12. Oktober unter dercomputern.3@gmail.com reservieren. Für weitere Infos rund um das Stück sowie das Performancekollektiv notsopretty findet Ihr auf notsopretty.de, auf Instagram unter @dercomputernummer3 und auf facebook unter @notsoprettyperformance.

•,Freitag 11 Oktober und Samstag 12. Oktober, Musisches Zentrum Bochum, Eintritt frei.

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