Polizei. Vergangenen Donnerstag sprach Sebastian Wehrhahn in der Goldkante über rechte Netzwerke in Polizei und Bundeswehr. Unter anderem kritisierte er falsches Framing.
Die Polizei steht derzeit in vermehrter Kritik. Nicht nur stößt das Verhalten einiger Einsatzkräfte bei Demos auf fehlendes Verständnis (:bsz 1209), auch wurden rechte Strukturen innerhalb der Polizei durch die Hannibal-Recherchen der taz offengelegt. Diese Kritik äußert sich parallel zu der Verabschiedung strengerer Polizeigesetze in den Bundesländern, darunter auch NRW.
Erst in der vergangenen Woche wurden drei SEK-Beamte und ein ehemaliger SEK-Beamter aus Mecklenburg-Vorpommern festgenommen, da die mittlerweile suspendierten drei Beamten seit mindestens 2012 Munition aus dem Landeskriminalamt entwendeten und sie dem Vierten Beschuldigten überreichten. Dieser soll Kontakte zur sogenannten Prepper-Bewegung haben, welche sich ausgehend von unterschiedlichen Katastrophen-Szenarien auf einen Zusammenbruch der Gesellschaft vorbereitet. Genauer geht es dabei um den sogenannten „Nordkreuz-Komplex“, der sich um den ehemaligen Landeskriminalamts-Beamten Marco G. formte und bei dem ein „Tag X“ in Folge eines Katastrophen-Szenarios dazu dienen soll, Politiker*innen und Bürger*innen aus dem linken Spektrum umzubringen. Dazu existieren Listen von Zielen, die vermutlich auch mit Daten aus Polizeicomputern ergänzt wurden. Deshalb sieht Sebastian Wehrhahn, wissenschaftlicher Mitarbeiter von Martina Renner, Sprecherin für antifaschistische Politik der Linksfraktion im Bundestag, die Zuordnung zur Prepper-Bewegung kritisch: „Prepper kommt von ‚prepare‘, also vorbereiten. Das meint Leute, die sich auf alle möglichen Endzeit- oder Krisenszenarien einrichten. Dieser Begriff ist äußerst unscharf.“ So fallen sowohl Menschen, die lediglich Notvorräte kaufen, als auch Rechtsextreme unter diesen Begriff. „Diese Unschärfe ist glaube ich politisch gewollt“, so Wehrhahn. Als Beispiel nennt er das Verfahren um den Nordkreuz-Komplex ab 2017, bei dem durch das Innenministerium eine Prepper-Kommission einberufen wurde. Im Zuge dessen sei das Wort „Prepper“ sehr häufig gefallen, jedoch nicht „Rechts-Terrorismus“ oder „Rechtsextremismus“, so Wehrhahn.
Dennoch, betont er, obwohl solche Strömungen in der Polizei und der Bundeswehr auf rechten und nationalistischen Begründungen fußen, sehen sie sich selbst nicht als rechts und unterscheiden sich außerdem personell von rechten Netzwerken wie dem NSU: „Das sind im großen Teil Leute, die sich selbst nicht als rechts begreifen – das heißt nicht das sie es nicht sind.“ Außerdem seien sie von dem demokratischen Anspruch des Sicherheitsapparates, von dem sie Teil sind, entfremdet. Das Problem bestehe unter anderem in den Einstellungsverfahren. Dieses ziehe Menschen an, die ohnehin konservativ und autoritärer eingestellt sind.
Dass derzeit wenig Interesse seitens der Politik besteht, das Problem zu bewältigen, liegt laut Wehrhahn an den Regierungsparteien. Die CDU wolle im Zuge dessen vor allem die Ministerien schützen. Die SPD habe bei einer möglichen Krise der Koalition samt Neuwahlen einen starken Stimmverlust zu befürchten.
:Stefan Moll
Info:Box
Der Vortrag wurde organisiert von der Linken Liste der RUB und dem neu geformten Arbeitskreis Kritische Juristinnen an der RUB, die das Recht aus einer kritischen Perspektive betrachten. Für weitere Informationen:
facebook.com/AKJBochum
Der Arbeitskreis trifft sich jeden ersten und dritten Mittwoch um 18:00 Uhr in GD E2/352.
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