Kommentar. Während der Europawahl kam es in Bochum zu Problemen in einigen Wahllokalen: Die Stimmzettel gingen aus. Verantwortlich für das Fehlen der wichtigen Papiere war ein Mitarbeiter*innen des Wahlbüros.
Stellt Euch vor, es ist Wahltag und Ihr wollt von Eurem demokratischen Recht Gebrauch machen. Angekommen im Wahllokal sagen Euch die netten Mitarbeiter*innen aber dann, die Stimmzettel sind leider aus. Eigentlich ist eine solche Panne in Deutschland undenkbar, doch bei der vergangenen Europawahl kam es in 22 Bochumer Wahllokalen zu genau dieser Situation. Ein Mitarbeiter des Wahlbüros hatte im Vorfeld entschieden, nicht alle Stimmzettel wie vorgesehen auszuliefern. Außerdem kam es bei den Nachlieferungen zu weiteren Fehlern, sodass einige der Wahllokale zwei Stunden auf eine Lieferung neuer Stimmzettel warten mussten. In dieser Zeit hätten in den einzelnen Lokalen bis zu 60 Personen nicht die Möglichkeit gehabt, ihre Stimmen abzugeben. Die Auswertungen nach der Wahl zeigten jedoch keine besonderen Auffälligkeiten im Vergleich zu anderen Wahlbezirken, sodass von offizieller Seite aus keine Verfälschung des Wahlergebnis stattgefunden habe.
Dennoch darf so etwas, gerade in der aktuellen politischen Situation in Deutschland und anderen europäischen Staaten, einfach nicht passieren. Zwar seien einige der abgewiesenen Wähler*innen später noch einmal zurückgekommen, aber das Chaos kann trotzdem dazu geführt haben, dass einige ihrer Stimme beraubt wurden, denn nicht jede*r hat stundenlang Zeit, auf eine Lieferung Wahlzettel zu warten. Ja, schon klar, das Europäische Parlament hat nicht gerade den größten Einfluss auf unser alltägliches Leben, aber in Zeiten wie diesen ist jede Wahl wichtig. Überall in Europa erstarken rechte Parteien, auch im Europäischen Parlament, die bekanntlich so ihre Probleme mit demokratischen Strukturen haben. Jede Stimme zählt beim politischen Kampf gegen rechts. Und aus den USA kennt man bereits Trumps Drohungen, die Ergebnisse von Wahlen anzufechten, deshalb sollte man auf dieser Seite des Atlantiks seinen Brüdern und Schwestern im Geiste nicht Möglichkeiten für ähnliche Ideen geben.
Hinzu kommt, dass das Fehlen der Stimmzettel nicht die einzige Unregelmäßigkeit bei den Wahlen war. Am Tag vorher waren bereits Ergebnisse der Wahl auf der Internetseite der Stadt zu finden, bei der die AfD mit 50 Prozent als stimmstärkste Partei abschnitt. Mitarbeiter*innen der Stadt wollten testen, ob die Anzeige der Wahlergebnisse auf der Homepage funktioniere, und schalteten die Testergebnisse aus Versehen für jede*n Besucher*in der Seite frei. Und ja, Wahlhelfer*innen sind auch nur Menschen und wir alle machen mal Fehler, aber demokratische Wahlen sind ein zu hohes Gut, als dass sie durch solche Schlampereien diskreditiert werden dürfen. Gerade wenn man von allen Seiten erzählt bekommt, wie wichtig jede einzelne Stimme doch sei, kann es einfach nicht sein, dass Stimmzettel fehlen oder die Stimmabgabe auf andere Art und Weise erschwert wird. Denn die Bochumer*innen wollen wählen: Mit knapp 61 Prozent gab es die höchste Wahlbeteiligung in Bochum bei einer Europawahl seit 1989.
:Philipp Kubu
0 comments