Kommentar. Die Thyssen-Tata-Fusion kommt nicht zustande, aus der Konzernaufspaltung wird ebenfalls nichts. Und statt den Rotstift in der Chefetage anzusetzen, droht 6.000 Arbeiter*innen der Jobverlust.
Die Fusion von Thyssenkrupp und dem indischen Konkurrenten Tata Steel hätte zu einem der weltweit größten stahlverarbeitenden Konzerne der Welt geführt. Bereits beim Bekanntwerden der Pläne im Spätsommer 2017 kritisierten vor allem Gewerkschaften, aber auch Politiker*innen die Entscheidung der Konzernspitze, die sich damals anmaßte, die Montanmitbestimmung, ein wichtigen Werkzeug der Arbeiter*innen, in Frage zu stellen. 2.000 Jobs standen damals auf dem Spiel. Betriebsbedingte Kündigungen wollte man natürlich vermeiden – große Worte bei einem Betrieb, der im Begriff war, Stellen weg zu rationalisieren. Ein Glück für die Arbeiter*innen, dass ihnen mit der IG Metall eine erfolgreiche und kämpferische Gewerkschaft beiseite steht, die bisher sämtliche betriebsbedingten Kündigungen mehr oder minder abwenden konnte. Auch beim Thyssen-Tata-Techtelmechtel leistete die Arbeiter*innenvertretung ganze Arbeit: Beschäftigungsgarantie bis 2026 im Falle der Fusion. Dieser Tarifvertrag kommt – ebenso wie die Fusion – nun nicht zustande und die Leidtragenden sind wieder einmal die Arbeiter*innen, denn nun sollen 6.000 Stellen wegfallen, davon allein 4.000 in Deutschland. Und zu den betriebsbedingten Kündigungen gibt sich die Konzernspitze nur verhalten optimistisch, ultima ratio seien auch diese möglich. Zwar scheut die IG Metall auch keinen weiteren Konflikt, um Arbeitsplätze zu sichern, doch ein erneuter Tarifvertrag Zukunft steht noch in den Sternen.
Perfide Logik
Dass weder die große Stahlfusion, noch die geplante Konzernaufspaltung in die Tat umgesetzt werden, sorgte paradoxerweise für einen deutlichen Kurssprung der Thyssenkrupp-Aktie, diese stieg um fast 25 Prozent und sorgte für ein Börsenplus von 1,5 Milliarden Euro. Mit dem nun – quasi als Trostpflaster für die Damen und Herren Millionär*innen in der Chefetage – geplanten Börsengang der Aufzugsparte verspricht sich der Konzern weitere 7 Milliarden Euro. Von diesen Gewinnen und – für die deutsche Schwerindustrie nicht unattraktiven – Aussichten erlebt das Proletariat nichts. Während der Aufsichtsrat trotz scheinbarer Krise seine Taschen voll stopft, müssen Arbeiter*innen um ihre Lebensgrundlage bangen. Mit einer Maximalvergütung von 4,5 Millionen Euro pro Jahr kann man es sich im Aufsichtsrat nun einmal gemütlich machen und in aller Ruhe nach unten treten.
Die Betriebe den Räten
Betrachtet man die Vergütungs- und Geschäftsberichte von Thyssenkrupp, bleibt einem nichts anderes übrig, als bei der Ankündigung von Stellenstreichungen ungläubig den Kopf zu schütteln.
Doch wieder einmal sind es diejenigen, die bangen müssen, an denen die Geschicke und das Schicksal der Firma hängen. Denn das Risiko in einem jeden Betrieb trägt kein CEO, kein Aufsichtsrat. Das Risiko trägt die Belegschaft, die einen Konzern erst groß macht. In den Betrieben sollten endlich diejenigen die Zügel in die Hand nehmen, die dieses Risiko tragen. Kevin Kühnerts Vergesellschaftungspläne werden immer attraktiver …
:Justinian L. Mantoan
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