Kommentar. Dem Zentrum für politische Schönheit fällt eine seltsame Ehre zu: Sie seien eine kriminelle Vereinigung.
Was haben ein Künstler*innenkollektiv, Shoah-Leugner*innen, Fußballhooligans und mutmaßliche Mitglieder islamistischer Terrororganisationen gemeinsam? Gegen sie wird in Thüringen aufgrund der Bildung einer kriminellen Vereinigung ermittelt. Ausschlag für die Ermittlungen war im Fall des Zentrums für politische Schönheit (ZpS) eine Kunstaktion, bei der die Aktivist*innen/Künstler*innen des Kollektivs eine Installation im Stil des Berliner Shoah-Mahnmals gegenüber dem Haus des völkisch-rechtsradikalen Thüringer AfD-Fraktionsvorsitz Björn Höcke aufstellten (:bsz 1196) und eine satirische Ankündigung verfassten, ihn in Zukunft auszuspionieren. Durch Recherchen der ZEIT ONLINE kam nun ans Licht, dass der zuständige Staatsanwalt, der das Verfahren einleitete, nicht nur der AfD in der Vergangenheit Spenden zukommen ließ, auch die Ermittlungen gegen das ZpS begannen nur vier Tage, nachdem Björn Höcke die Künstler*innen als „kriminelle Vereinigung“ und Terrorist*innen betitelte. Verfahren aufgrund von Volksverhetzung lehnte der Staatsanwalt regelmäßig ab.
Rechtsradikale Akademiker*innen
Der Fall zeigt, was schon lange im Argen liegt. Während im Auge von vielen Rechten die Universitäten als linke Kaderschmieden gelten, scheinen sich Menschen mit rechtsradikalen Neigungen, sollten sie nicht in die Polizei oder die Bundeswehr gehen wollen, an der Juristenausbildung, oder häufig auch dem Lehramt, zu versuchen. Das akademische Äquivalent zum rechtsradikalen Hannibal-Komplex: Der Beginn einer Politik-Karriere bei der AfD. Nicht umsonst sind viele AfD-Politiker*innen Jurist*innen, wie beispielsweise der Staatsanwalt und Bundestagsabgeordnete Thomas Seitz, der vor kurzem aus „Provokation“ dazu aufrief, den Paragraphen zur Abschaffung der Todesstrafe zu streichen. Seitz droht die Aberkennung des Beamtenstatus aufgrund rassistischer Äußerungen. Noch dramatischer als der erfolgreiche Abschluss des Studiums ist, dass diese Personen sowohl in behördliche Ämter gehoben als auch von Wähler*innen in öffentliche Ämter gewählt werden. :Stefan Moll
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