Bild: Schlecht rausgeredet: Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen urteilte, dass die anlasslose Videoüberwachung von Demonstrationen rechtswidrig ist. , Rückschlag für filmende Polizist*innen Bild: Screenshot juma

Recht. Weil die Dortmunder Polizei eine Demonstration gegen Rechtsradikalismus und rechte Gewalt grundlos gefilmt hat, zog die Anmelderin vor Gericht und bekam nun Recht.

Als sich am 24. September 2016 2.000 Menschen zur „Es reicht! Rechte Gewalt stoppen in Dortmund und anderswo“-Demonstration eingefunden hatten, um gegen Rechtsradikalismus und rechte Gewalt zu demonstrieren, war auch die Polizei mit einem Großaufgebot vor Ort. Die Beamt*innen begleiteten die Demonstration nicht nur zu Fuß, mit Pferden und Einsatzwagen, sondern auch mit der Kamera. Da diese im kompletten Demonstrationsverlauf angeschaltet waren, schaltete die Anmelderin der Demonstration Iris Bernert-Leushacke das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen ein. Zuvor hatten während der Demonstration Journalist*innen, Demonstrationsteilnehmer*innen und Bernet-Leushacke selbst die Polizei auf die Unrechtmäßigkeit ihrer Aufnahmen hingewiesen, welche das Filmen jedoch nicht unterließen. Auf Twitter schrieb die Polizei, dass es sich um „reine Übersichtsmaßnahmen für den Polizeiführer“ handeln würde. Doch bereits im sozialen Netzwerk selbst wurden die Beamt*innen auf die Unrechtmäßigkeit ihrer Handlungen hingewiesen. Eine Annahme, der sich auch das Gelsenkirchener Verwaltungsgericht anschloss. Die 14. Kammer stellte am Dienstag, 19. Februar, fest, dass die anlasslose Videoüberwachung durch die Beamt*innen rechtswidrig war. Erlaubt sei eine Überwachung nur, „wenn tatsächliche Anhaltspunkte für eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung durch die Teilnehmer*innen vorgelegen hätten. Das ist vom Gericht nicht bejaht worden“, erklärt  Dr. Klaus Weisel, Presserichter am Verwaltungsgericht Gelsenkirchen. Die durch die Dortmunder Nordstadt verlaufende Demonstration wies zu keinem Zeitpunkt die Gefahr einer Eskalation auf. Rechtsanwalt Jasper Prigge begrüßt das Urteil: „Eine Kameraüberwachung durch die Polizei kann Menschen hindern, an einer Versammlung teilzunehmen. Dieser Einschüchterungseffekt ist mit der Versammlungsfreiheit nicht vereinbar. Die Polizei darf nicht einfach drauflos filmen.‘‘ Und auch Iris Bernert-Leushacke freut sich: „Das heutige Urteil zeigt: Nicht gerechtfertigte Eingriffe in die Versammlungsfreiheit durch die Polizei müssen vor Gericht‘‘, so die LINKE-Politikerin. Ob die Polizei Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen wird, steht derzeit noch nicht fest. Auf Nachfragen des Blogs „Nordstadtblogger“ äußerte sich ein Pressesprecher der Dortmunder Polizei: „Wir werden die schriftliche Urteilsbegründung prüfen und dann entscheiden, ob wir das Urteil akzeptieren oder in Berufung gehen.“


Prigges zweiter Streich

Für Rechtsanwalt Jasper Prigge war der nun gewonnene Prozess nicht der erste gerichtliche Erfolg gegen Polizist*innen an Kameras. Bereits im Oktober 2018 urteilte ebenfalls das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, dass im Mai des selben Jahres von der Polizei Essen angefertigte Fotos nicht über soziale Medien verbreitet werden dürften. Damals begründete die Polizei ihr Vorgehen damit, dass die fotografierenden Beamt*innen mit Westen mit der Aufschrift „Polizei Social Media“ ausgestattet gewesen seien und die Fotografien zum Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit entstanden seien. Damals betonten die Richter*innen, dass bereits das sichtbare Fotografieren durch die Polizei rechtswidrig sei.

:Justinian L. Mantoan

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