Kommentar. Die Polizei in NRW setzt bei der zukünftigen Fahndung auf die Mithilfe von Internet-Nutzer*innen.
Der nordrhein-westfälische Innenminister freut sich: „Früher haben wir Fahndungsplakate an
Laternenmasten aufgehängt, heute hängen wir sie ins Netz.“ Natürlich ist gegen die Öffentlichkeitsfahndung per se nicht viel einzuwenden, sofern sie tatsächlich der Kriminalitätsbekämpfung und nicht etwa der bloßen Repression dient. Doch hat der Innenminister die Macht des digitalen Mobs bedacht? Sicher wurden Fahndungsplakate auch schon in der Vergangenheit ausgehängt, etwa an Polizeiwachen oder in Bahnhöfen, doch es hat sich wohl kaum jemand die Mühe gemacht, die Plakate zu fotografieren und eine digitale Hetzjagd gegen Verdächtige zu starten. Wenn die Verbreitung von Bildern möglicherweise unschuldiger Personen nur noch einen Klick entfernt ist, kann dies ungeahnte Folgen haben. Nicht umsonst gibt das Gesetz strenge Hürden zur sogenannten „Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung“ vor. Unter anderem müssen „Straftaten von erheblicher Bedeutung“ vor
liegen. Betrachtet man das Online-Portal, fallen einem vor allem zwei Dinge auf: EC-Kartenbetrug und geklaute Fahrräder. Wenn dies die Fälle von erheblicher Bedeutung sind, bei denen die Polizei NRW größte Probleme hat, leben wir in einem sehr sicheren Bundesland. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sich Herbert Reul und die Polizei NRW bloß profilieren und im Netz wieder eine bessere Figur machen wollen. Twitter-Eskapaden und Hambi-Lügen machen ein solches Vorgehen notwendig.
Kein Schutz vor Missbrauch
Ein solches Online-Fahndungsportal ist so lange gut, bis es missbraucht werden kann. Denunziation und Selbstjustiz sind bereits Probleme der Öffentlichkeitsfahndung, seit sie von den Nationalsozialist*innen 1938 eingeführt wurden. Dass das Online-Portal der im Internet stets unseriös auftretenden Landespolizeibehörde diese Probleme irgendwie in den Griff bekommen könnte, ist nicht absehbar und auch nicht wahrscheinlich. Doch Denunziation scheint im Innenministerium in der Amtszeit von Herbert Reul – zumindest gegen politische Gegner*innen, wie zum Beispiel Umweltschützer*innen – sowieso ein probates Mittel zu sein …
:Justinian L. Mantoan
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