Stand-Up. Im neuen Programm „How to Human?“ des Bochumer Komikers und Poetry-Slammers Jan Philipp Zymny schafft es dieser, die komischen und interessanten Eigenschaften des Menschseins zu zeigen.
Mit einer ausholenden, theatralischen Armbewegung setzt Jan Philipp Zymny an. Er möchte für das Publikum sein unbedarftes Vorsprechen beim Schauspielhaus Bochum nachspielen. Er lässt erkennen, dass ihm das Nachleben dieser Erinnerung ein wenig peinlich ist. Doch bevor er das erste Wort sagen kann – klonk – eine Flasche fällt irgendwo im Publikum um. Perfektes Timing zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt. Ein verlegenes Lachen geht durch die Reihen des Bahnhof Langendreers und findet sich auf der Bühne erwidert. Es ist nicht das erste Mal, dass an diesem Abend eine Flasche fällt. In scherzhafter Wut klagt Zymny mit erhobener Faust, warum diese Leute denn ihre Extremitäten nicht unter Kontrolle halten können. Erneutes Lachen. Es sind diese Momente, die eine der Qualitäten von Zymnys mittlerweile drittem Comedy-Programm mit dem Titel „How to Human?“ ausmachen. Denn der Komiker und Poetry-Slammer schafft es im Laufe des Abends wiederholt, mit dem Publikum in einen Dialog zu treten.
Mensch sein
Dies ist jedoch nicht nur ein angenehmer Beigeschmack des Stand-Up Programms, das neben Poetry-Slam Texten und klassischem Stand-Up auch Mittel wie Videos oder Präsentationen einsetzt. Denn die Interaktionen verschwimmen organisch in den zentralen Fragen des Abends: Was bedeutet es, Mensch zu sein und wie gehen wir mit uns und anderen Menschen um? Bei der Behandlung dieser Fragen, schafft es Zymny fließend überzugreifen zwischen absurdem Quatsch und tiefgreifenden Überlegungen über die Natur des Menschen. Unsinnige Momente, in denen Zymny beispielsweise seine ausgedachte Bekannte Bettina schüttelt, mit den Worten: „Bettina! Deine Alpaka-Farm geht den Bach runter! Warum hast du ihnen auch Pullover angezogen? Alpakas sind Pullover!“ kontrastieren sich mit Gedanken darüber, wie eine der bemerkenswertesten Eigenschaften der Menschheit darin besteht, Dinge, Personen oder auch ganze Gruppen mit Bedeutungen zu besetzen. Doch auch wenn die Beobachtungen, die Zymny dabei macht, durchweg tiefgreifend sind, sind sie stets komisch und unterhaltend.
Menschlich auftreten
Dies ist eine der stärksten Qualitäten von Zymnys Programm: Er schafft es, ein übergreifendes Thema zu nehmen und dies in eine Dramaturgie zu fassen, die einerseits urkomisch und an anderen Stellen berührend ist.
Doch auch in anderer Hinsicht sticht seine Art der Komik heraus. Denn er bewegt sich durchweg zwischen Selbstverherrlichung und zwischendurch geäußerten Offenbarungen des Selbstzweifels. Seine Komik ist eine der Unsicherheiten, verpackt in die ironisch gebrochene Bejubelung des Selbst. Wenn diese Merkmale durchscheinen, wenn eine Flasche fällt und Zymny neu ansetzen muss, ist dies immerzu menschlich.
Stefan Moll
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