Kommentar. Studis setzen sich für Lehrkraft ein. Gegen den politischen schwarz-gelben Angriff wird damit eine Tradition wiederbelebt.

Groß ist der Andrang um 10 Uhr morgens im Hörsaal HGC der Ruhr-Uni. Diese Vorlesung des Marxisten Leo Kofler hat sich als Geheimtipp herumgesprochen. Nicht nur unter Studierenden. Aktivist*innen und Gewerkschaftler*innen drängen in die Sitzreihen. Rentner*innen, die Kofler noch aus seinen Volkshochschul-Kursen kennen, kommen hinzu. Ja, dieser Leo Kofler – 1907 in der heutigen Ukraine in einem jüdischen Familienhaus geboren – war ein besonderer Dozent. Deswegen haben sich Studierende 1972 besonders für den Philosophen und Soziologen eingesetzt. Als der Lehrstuhl Soziologie von Urs Jaeggi frei wird, erkämpfen Teile der Studierendenbewegung, dass Kofler sein Nachfolger wird. Mit Erfolg. Es klingt wie eine Anekdote aus längst vergangenen, politisierten Zeiten. Umso erfreulicher ist es, dass sich Studierende der Geschichtswissenschaften aktuell mit einer Petition dafür einsetzen, dass ihr Dozent an der Ruhr-Universität weitermachen darf. Dr. Volker Scior hat sich einen Namen gemacht: Studierende begrüßen seine Art der Lehre und seinen Umgang mit ihnen im Seminarraum. 

Gegen die Pläne

Mündigkeit und Wissensdurst können die Motive sein, sich für den Dozierenden einzusetzen. Selbstverständlich ist es nicht an einer neoliberalen Hochschule, die seit Jahren zur Ausbildungsfabrik für den Markt umgekrempelt wird. Verstärkt wird diese Tendenz durch das schwarz-gelbe Hochschulgesetz, das Freiheiten von Studierenden und Lehrenden weiter einkassieren will. Mit ihrer Petition drücken die Studierenden aus, dass es auf dem Campus um mehr geht als um wirtschaftliche Effizienz und Anhäufen von Credit Points. Es geht um die individuelle Freiheit des Lernens, die zugleich ein gemeinsames Projekt ist. Kofler schrieb in einem seiner zahlreichen Texte von der „Freiheit zur Persönlichkeitsbildung!“. Garantiert werden soll das natürlich auch von einer Lehre, die individuelle Interessen fördert und weckt. Offensichtlich hat Volker Scior das aus Sicht der Studierenden erzielt. Es steht in einem krassen Widerspruch zu den autoritären, bildungspolitischen Plänen von CDU und FDP. 

:Benjamin Trilling

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