Austausch. Bei einer Podiumsdiskussion des Lehrstuhls für Zeitgeschichte sprachen die Teilnehmenden über die Herausforderungen und Gemeinsamkeiten des Strukturwandels im Ruhrgebiet und Ostdeutschland.
Obwohl das Ruhrgebiet und Sachsen in gegenüberliegenden Teilen Deutschlands liegen, verbindet die Regionen eine Reihe von vergleichbaren Prozessen und Problemen. Darunter befinden sich der Strukturwandel, die beide Gebiete in den vergangenen Jahrzehnten prägten sowie die Konsequenzen, die sich daraus ergeben. Zum Beispiel Armut und ein politischer Rechtsruck. Bei der Podiumsdiskussion „Strukturwandel West – Schocktherapie Ost?“, bei der Petra Köpping, sächsische Staatsministerin für Gleichstellung und Integration, zu Gast war, wurden diese Prozesse verglichen. Mitdiskutiert haben Prof. Stefan Berger, Leiter des Instituts für soziale Bewegungen (ISB), die Doktorandin Pia Eiringhaus und der Historiker Marcus Böick. Prof. Constantin Goschler vom Lehrstuhl für Zeitgeschichte moderierte die Veranstaltung.
Nicht ganz gleich
Trotz vieler Ähnlichkeiten können Ruhrgebiet und Ostdeutschland jedoch nicht einfach verglichen werden, „weil Ostdeutschland zum einen eine viel größere Region darstellt, während das Ruhrgebiet eine stärker eingrenzbare Region mit einer zusammenhängenden Geschichte und Kultur ist“, sagt Prof. Stefan Berger. So war der Strukturwandel im Ruhgebiet ein Ereignis, das sich über Jahrzehnte entwickelte. In Ostdeutschland geschah dieser zur Wende im Grunde über Nacht. Anstatt eines langsamen Strukturwandels gab es eine schnelle Schocktherapie. So beschrieb Köpping: „Da stehen die Bergarbeiter vor der Bergbau Hochbrücke, die gerade gesprengt wird, weil es wieder schön werden soll und da sagen die: ‚Das ist mein Lebenswerk. Das ist, was ich das ganze Leben gemacht hab.‘“ Während im Ruhrgebiet mehr Zeit bestand, wie mit der Industriekultur umzugehen sei – Abriss oder Erhaltung und Umdeutung? – bestand diese Möglichkeit in Ostdeutschland nicht.
Doch der wachsende Rechtspopulismus stellt eine Herausforderung beider Regionen dar. Die Diskutierenden erklärten sich den Rechtsruck in Gebieten, die durch den Verfall der Industrie verarmten jedoch nicht nur mit wirtschaftlichen Faktoren. Auch die fehlende Präsenz von KommunalpolitikerInnen im Leben vieler Leute sei ein wichtiger Aspekt, so Köpping. „Deswegen ist es so wichtig, dass wir zurückkommen zu dieser persönlichen Ansprache, zu dieser Kümmererstruktur“, sagt die Staatsministerin.
:Stefan Moll
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