Vor 17 Jahren beschlossen die Vereinten Nationen, den 20. Juni zum „World Refugee Day“ zu ernennen. Neben der Veröffentlichung des UNHCR (United Nations High Commissioner for Refugees)-Jahresbericht dient der Tag zahlreichen Nichtregierungsorganisationen dazu, auf ihre Arbeit sowie die lebensgefährliche Lage von Menschen auf der Flucht aufmerksam zu machen.
Laut UNHCR flüchteten Ende 2016 mehr als 65 Millionen Menschen aus verschiedenen Gründen, mehr als 40 Millionen von ihnen suchen Schutz vor Verfolgung innerhalb der eigenen Landesgrenzen. Von den restlichen 15 Millionen Menschen stammen mehr als 55 Prozent aus nur drei Ländern, nämlich Syrien, Afghanistan und dem Südsudan. Hauptaufnahmeländer 2016 waren die Türkei, Pakistan und der Libanon.
Nur 2,8 Millionen unter den 65,5 Millionen Menschen auf der Flucht sind Asylsuchende. Etwa 590.000 Menschen stellten bis Ende 2016 in Deutschland einen Asylantrag Mehr Infos zur aktuellen Lage liefert der am 20. Juni erscheinende Jahresbericht. Einen begrenzten Überblick zu Bochum liefert die :bsz.
Im Kleinen Erfolge verzeichnen
Aktivismus. Die Initiative „Treffpunkt Asyl“ setzt sich seit fünf Jahren für geflüchtete Menschen ein. Obwohl die Arbeit immer härter wird, bleibt sie wichtig.
Nach einem offenen Treffen, zu dem der Flüchtlingsrat NRW eingeladen hatte, gründete sich im Jahr 2013 die Gruppe „Treffpunkt Asyl“. Man wollte „gegen menschenunwürdige Unterbringung, restriktive Flüchtlingspolitik zum Beispiel im Bereich des Familiennachzugs, brutal durchgeführte Abschiebungen und eine sich verschlechternde Stimmung in der Bevölkerung“ vorgehen, wie Mitglied Hans Hudde sich erinnert. Auch heute seien dies die wichtigsten Themen – und die Lage habe sich oftmals massiv verschärft. In den vergangenen fünf Jahren
habe man viel erreicht. Von Workshops und Informationsveranstaltungen über die erfolgreiche Unterstützung von Einzelfällen oder dem Protestcamp vor dem Bochumer Rathaus (:bsz 1079) bis zu verhinderten Abschiebungen reicht die Palette der Aktionen der Initiative. Doch die Entwicklung des gesellschaftlichen Diskurses rund um die Themen Flucht und Migration nach rechts bleibt auch bei Treffpunkt Asyl nicht unbemerkt: „Abschiebungen nach Afghanistan, die weitgehende Verweigerung des Familiennachzugs, die Hürden, die ein Ankommen von Schutzsuchenden verzögern und verhindern, das Zerreißen von Familien durch Abschiebungen – all diese Dinge geschehen letztlich unter dem Druck des entgleisten gesellschaftlichen Diskurses und begegnen uns in unserer täglichen Arbeit“, weiß Hudde zu berichten. Doch aufgeben wolle man trotz erschwerter Arbeit nicht: „Während der Kampf für eine solidarische und menschenrechtsorientierte Flüchtlingspolitik im Großen immer frustrierender wird, können wir im Kleinen immer noch Erfolge verzeichnen.“
:Justinian L. Mantoan
Neustart in Deutschland
Porträt. Vielen AsylbewerberInnen droht die Abschiebung. Im Gespräch mit Mohammad bekommt man einen kleinen Einblick in das Leben eines aus Afghanistan geflüchteten Menschen..
Der 23-jährige Mohammad ist vor zwei Jahren aus einem kleinen Dorf aus dem Süden Afghanistans geflüchtet: „Meine Eltern haben gesagt ‚besser auf der Reise sterben, als hier’.“ So ist er über den Iran, die Türkei, Griechenland und den Balkan nach mehreren Monaten nach Deutschland gekommen. Auch seine Brüder sind geflüchtet, jedoch in Richtung Pakistan. Ob seine Angehörigen noch leben, weiß Mohammad nicht: „Ich vermisse meine Familie sehr.“ Sein letzter Stand war, dass sein Vater durch Bombensplitter schwer verletzt wurde.
Bochum, die neue Heimat
Immer wieder hatte Mohammad festgestellt, dass ihn Menschen in Deutschland verachtend anschauen. Erlernte Deutsch und erzählte niemandem mehr, dass er ein „Flüchtling“ ist. Nun wohnt Mohammad in einer Geflüchtetenunterkunft in Bochum. Anfänglich hat ihn das nicht gestört. „Ich repariere meinen Nachbarn Fahrräder. Mir macht es Spaß, zu helfen“, erzählt er. Allerdings stört ihn mittlerweile, dass einige Personen die Gemeinschaftsräume nicht sauber halten.
Bei einem Praktikum in einem Maler- und Lackierer-Unternehmen hat er seinen Fleiß unter Beweis stellen können und darf dort im Spätsommer eine Ausbildung anfangen. „Das hätte ich nicht geschafft, ohne Deutsch zu lernen“, erklärt er mit einem Lächeln. Zurzeit besucht er einen Deutschkurs und hofft, dass er bald eine Wohnung findet, um ein normales Leben führen zu können. Bochum ist seine neue Heimat geworden. Dennoch kreisen seine Gedanken um Afghanistan: „Erst vor ein paar Tagen ist in meinem Dorf wieder eine Bombe explodiert.“
:Katharina Cygan
Refugee Law Clinic
Rechtshilfe. Ende 2015 gründeten JuristInnen der Ruhr-Universität Bochum den privaten Verein Refugee Law Clinic (RLC) in Bochum. „Law Clinics“ bieten kostenlose Rechtsberatung an – in Bochum richtet sich die Beratung gezielt an Flüchtlinge und deren juristischen Bedürfnisse. So werden Fragen zu Ausländer- und Asylrecht behandelt. In dieser Form ist die RLC Bochum auf das Gebiet Ausländerrecht spezialisiert. Die RLC wird von der Ruhr-Universität und der juristischen Fakultät unterstützt.
Neben der Rechtsberatung bietet die RLC auch Hilfe aus dem Migrationsrecht, Seminare und Vorlesungen für alle Studierende der RUB an, um die beratenden Studis in der RLC ausreichend zu qualifizieren. Denn Ausländerrecht ist nicht Teil des Pflichtstoffes des ersten juristischen Staatsexamens.
Hilfesuchende können zu der nächsten Sprechstunde am Mittwoch, den 27. Juni das RCL aufsuchen oder über das Kontaktformular auf der Webseite in Verbindung treten. ZEIT:PUNKTE Die nächste Sprechstunde findet am Mittwoch, den 27. Juni, 10 bis 12 Uhr und 15 bis 17 Uhr im Blue Square 2/12 (Kortumstraße 90, 44787 Bochum) statt. Weitere Informationen unter: rlc-bochum.de
:sat
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