Bild: Bunt statt trist: Wo noch vor einem Jahr NachbarInnen zu Konzerten, Barbecue oder gemeinsames Renovieren zusammenkamen, müssen bald pünktlich Mieten überwiesen werden. , Ein Jahr nach der Hausbesetzung bleibt Wohnpolitik in Bochum ein heikles Thema Bild: bent

Wohnen. Die „Herner Straße 131“ feiert Jubiläum.  Für AktivistInnen bleiben Besetzungen ein Mittel, um Druck für eine soziale Wohnpolitik auf die Kommunen auszuüben. Denn aus Sicht der Initiative „Stadt für alle“ hat sich auch in Bochum wenig verbessert.

Lange wurde vergangenen Samstag noch im Sozialen Zentrum gefeiert. Anlass gab es genug: SquatBo würdigte die, wie sie sagen, „Instandbesetzung“ der Herner Straße 131 in Bochum. Am 19. Mai 2017 besetzten AktivistInnen das zuvor leerstehende Gebäude und sanierten weite Teile der Infrastruktur. Erst nach knapp zwei Monaten verließen sie am 10. Juli nachdem die neuen Eigentümer des Gebäudes versprachen, sozialen Wohnraum zu schaffen.
Die Besetzung baute auf ein Nachbarschaftsnetzwerk auf. Ihre Forderungen: Sanierung des Hauses und Einrichtung eines unkommerziellen Nachbarschaftszentrums. Mit der Aktion wollten die AktivistInnen zudem auf die explodierenden Mietpreise, den Leerstand in der Stadt und den Wohnungsmangel aufmerksam machen. Mit Erfolg: Neben den AktivistInnen von SquatBo erhöhten auch die Ratsfraktion der Linken oder die Initiative „Stadt für alle“ den Druck auf die Stadt Bochum.
Lange Zeit hatte die Lokalpolitik über die Einführung einer sogenannten Zweckentfremdungsklausel zum Schutz und Erhalt von Wohnraum beraten. Doch eine deutliche Mehrheit aus CDU, SPD, FDP und AfD lehnte den Vorstoß ab. Aus Sicht der MieterInnen eine vertane Chance, vor allem weil der Koalitionsvertrag der schwarz-gelben Landesregierung die Abschaffung von kommunalen Zweckentfremdungsklauseln beinhaltet.

Sozialbau sei gescheitert

Nach Meinung der Initiative „Stadt für alle“ hat sich zugunsten der MieterInnen wenig verändert. Unzureichend sei auch das „Handlungskonzept Wohnen“, mit dem die Stadt Bochum auf die prekäre Unterbringung von Geflüchteten sowie die allgemeine Wohnraumnachfrage reagierte. Ebenso gescheitert sei die Beauftragung von InvestorInnen für sozialen Wohnungsbau. Denn durch die nur zeitweilige Mietpreisbindung könne der Bedarf überhaupt nicht gedeckt werden. „Stadt für alle“ plädiert daher für einen gemeinnützigen, kommunalen Wohnungsbau, der MieterInnen dauerhaft preisgebunden zur Verfügung gestellt wird. „Das ist keine linksradikale Forderung“, sagt Rebecca von „Stadt für alle“ und verweist auf die Stadt Gießen, wo ein solches Konzept aufgegangen sei: „Das könnte ein gutes Instrument sein.“
Mit Blick auf die jüngsten Aktionen in Berlin hält die Aktivistin auch an Hausbesetzungen fest, um für eine soziale Wohnpolitik zu werben: „Besetzungen können ein gutes Instrument sein, um darauf aufmerksam zu machen“, sagt die 37-jährige. Zuletzt nahmen immer wieder AnwohnerInnen die Wohnpolitik selbst in die Hand. Oft waren es keine „typischen Linken“: In Göttingen ging die Aktion von Geflüchteten aus, in Stuttgart nahmen Familien mit Kindern an der Besetzung teil. Auch an der Herner Straße unterstützten NachbarInnen das Projekt. Für Rebecca ist das ein Zeichen des Widerstands gegen Kommunen, die nur unternehmerisch agieren: „Das Problem ist doch, dass die Stadt Angst hat, Investoren zu verschrecken.“ Und das scheint für sie auch das Problem in Bochum zu sein, wo die letzte Hausbesetzung nun genau ein Jahr her ist.

:Benjamin Trilling

 

 

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