Kommentar. Im Studierendenparlament (StuPa) wurde ein Antrag zur Quotierung von MusikerInnen beim Campusfest abgelehnt. Ein Teil der Diskutierenden wiederholte Prämissen, die längst veraltet sind.
Ein Moment für Selbstkritik: Der Anteil
Künstlerinnen in meiner Musikbibliothek beträgt etwa 20 Prozent. Habe ich mich bei der Wahl meiner LieblingskünstlerInnen bewusst gegen Frauen entschieden? Nein. Dennoch deutet ein solch frappierender Unterschied auf einen Missstand hin. Nämlich auf den, dass weiterhin Ungleichheiten auftreten, selbst wenn der ernstgemeinte Versuch besteht, weiblichen Stimmen in den Bereichen des Lebens, in denen sie unterrepräsentiert sind, mehr Aufmerksamkeit zu geben. Im StuPa wurde nun versucht, diesem Missstand zumindest beim Sommerfest der RUB entgegenzuwirken. Im Zuge des Antrags von GRAS, der Linken Liste und den Jusos sollten ab dem Campusfest 2019 das Verhältnis von männlichen zu weiblichen MusikerInnen auf den Bühnen des AStA quotiert werden. Nach ausgiebigem Wortgefecht unter den ParlamentarierInnen wurde der Antrag abgelehnt. Doch die Diskussion darum zeigte erneut, wie festgefahren die Debatte um Themen des Feminismus weiterhin geführt wird.
Eine Debatte, überhört
Entgegen den Forderungen des RCDS braucht es keine Belege, die beweisen sollen, dass bei der Auswahl der KünstlerInnen bewusst geschlechtsdiskriminierend vorgegangen ist. Denn wer meint, dies sei der Vorwurf, der gemacht wird, hat entweder über Jahre hinweg nicht zugehört, oder will die Gegenseite durch eine falsche Charakterisierung ihrer Positionen als PopulistenInnen darstellen. Es ist eine rhetorische Taktik, die auf Konflikt hinauszielt und nicht auf die Zusammenarbeit in einem imperfekten System.
Denn worum es bei einem Anliegen, wie es im StuPa gestellt wurde geht, sind subtilere Formen von Benachteiligung als den kalten Sexismus, der Frauen als minderwertig begreift. Es geht um Erkenntnisse aus Feldern wie der Psychologie und Soziologie, die darauf hinweisen, dass unterbewusste Gedankenstrukturen, die aufgrund von jahrtausendelanger bewusster Benachteiligung entstanden – trotz des Willens zum Wandel – Auswirkungen auf unser Verhalten haben. Und es geht darum, entgegen der studentischen Kondition, nicht den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen. Denn es ist leichter für die VeranstalterInnen, einfach die ersten geeigneten KünstlerInnen anzunehmen, die sich bewerben. Doch damit schaut man lediglich auf die KandidatInnen, die nicht durch ein viel zu feines Sieb von Einstiegshürden und unbewussten Vorurteilen gefiltert wurden. Um an einem Punkt anzukommen, an dem auf solche Begebenheiten nicht mehr geachtet werden muss, müssen Anreizstrukturen geschaffen werden, indem zunächst aktiv auf Ausgeglichenheit geachtet wird.
Die Debattierenden, fortgezogen
Der Diskurs schreitet voran. Wer nach so vielen Erklärungen, wie sie in den vergangenen Jahren gemacht wurden, noch meint, FeministInnen würden jeder Person bewusste Diskriminierung vorwerfen, die in ihrem Zuständigkeitsbereich keine ausgeglichenen Gender-Verhältnisse schaffen konnte, hat die Musik nicht spielen gehört. Das ist nicht rückständig, weil veraltete Gesellschaftsbilder vertrieben werden. Es ist rückständig, weil man Menschen Anschuldigungen macht, die längst veraltet sind.
:Stefan Moll
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