Forschung. Für viele Menschen steht fest, dass Theologie keine Wissenschaft ist. TheologInnen sehen dies oftmals anders. An der Ruhr-Uni geht der Philosoph und Theologe Benedikt Göcke dieser Frage nach.
Benedikt Göcke ist Philosoph, Theologe und Wissenschaftstheoretiker. Der Inhaber der Juniorprofessur am Lehrstuhl für Philosophisch-Theologische Grenzfragen leitet die Emmy Noether-Nachwuchsgruppe „Theologie als Wissenschaft?!“. Göcke und sein Team haben Argumente der BefürworterInnen und GegnerInnen der Kategorisierung der Religionslehre als Wissenschaft gesammelt und ausgewertet. „Für die einen ist völlig klar, dass es eine Wissenschaft ist, für die anderen völlig klar, dass es keine ist“, fasst Göcke zusammen. Das Interesse für den Forschungsgegenstand komme aus Göckes eigenem Studium. Der damalige Student der Philosophie und Theologie zweifelte aufgrund von Kritik, unter anderem aus der Naturwissenschaft, an seiner eigenen Studienwahl: „Plötzlich sprach vieles dagegen, dass das, was ich studiere, sinnvoll ist. Das wollte ich mir genauer anschauen.“
Im Forschungsvorhaben sieht sich der doppelt promovierte Wissenschaftler nicht vorrangig als Theologe, sondern als Philosoph und Wissenschaftstheoretiker, wie er selbst sagt. Er schaue sich Fallbeispiele der Theologie an und untersucht diese bezüglich ihrer Wissenschaftlichkeit. Unter der Forschungshypothese, dass Argumente gegen Theologie als Wissenschaft nicht überzeugend seien, arbeitet Göcke selbst ergebnisoffen: „Wenn in letzter Analyse die besseren Argumente gegen meine Hypothese sprechen, dann würde ich das auch genauso als Ergebnis wahrnehmen.“
Argumente gegen die Theologie
Laut Göcke gibt es verschiedene Argumente gegen die Theologie als wissenschaftliche Disziplin. Darunter der Streitpunkt, ob ein Gott überhaupt existiere oder die Theologie gegenstandslos sei. KritikerInnen der Religionslehre führen an, dass ein allwissender, weiser und gütiger Gott angesichts von Leid und Elend in der Welt nicht existieren könne. Doch gerade dieses Argument halten Göcke und sein Team für unzweifelhaft, da das Gottesbild der TheologInnen weitaus komplexer sei als der Glaube an einen allmächtigen und somit moralisch vollkommenen Gott.
Ein neuer Wissenschaftsbegriff
Ziel des Forschungsprojekts sei es – unabhängig von der Theologie – ein neues Modell zu entwickeln, das erklärt, was Wissenschaft ist. Hierbei orientieren sich die ForscherInnen am Wissenschaftsbegriff von Imre Lakatos, also der Annahme, dass Theorien niemals bloß alleinstehend betrachtet werden können, sondern stets als Teil eines großen Theoriesystems.
Anhand des in der Entwicklung befindlichen Modells wollen die Bochumer WissenschaftlerInnen nicht nur die Theologie, sondern auch andere Wissenschaften auf den Prüfstand stellen können. Obwohl es bestimmte Aspekte gibt, die wissenschaftliche Disziplinen erfüllen müssen, ist sich Göcke sicher, dass der Wissenschaftsbegriff weit genug gefächert ist, um auch Theologie abzubilden. Die Originalveröffentlichung des Forschungsberichts hat der Philosoph und Theologe in der Fachzeitschrift „Theologie und Glaube“ sowie im Sammelband „Gottes Handeln in der Welt“ veröffentlicht.
:Justinian L. Mantoan
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