Theater. Ein System, das alles Zwischenmenschliche durchdringt: So schilderte Brecht in „Furcht und Elend des Dritten Reiches“ das Leben in Nazi-Deutschland. Studierende inszenieren das Stück unter der Regie von Karin Freymeyer und Christoph Ranft.
Bei den Proben war es den Studierenden dann doch zu viel. Den Hitlergruß verweigerten sie auf der Bühne. „Die wollten das einfach nicht“, erzählt Karin Freymeyer über die Proben in ihrer Gruppe. Ein Grund sind die drastischen Szenen, mit denen Bertolt Brecht seinerzeit aus dem Exil die Herrschaft der FaschistInnen schilderte: Terror, Angst, Verfolgung, Denunziantentum. Doch der Umgang damit war in den fünf Gruppen ganz unterschiedlich, wie Regisseur Christoph Ranft aus den Proben mit seiner Gruppe berichtet: „Da war eigentlich eine ganz große Abgeklärtheit.“
Dass alle Teilnehmende so unterschiedlich an den Stoff herangingen, war durchaus gewünscht, wie Freymeyer erklärt: „Es ist für uns eine sehr wichtige Aufgabe, die Studierenden miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, wie sie das interpretieren wollen.“ Unter der gemeinsamen Regie von Karin Freymeyer und Christoph Ranft, MitarbeiterInnen im Musischen Zentrum (MZ), haben fünf Ensembles aus Studierenden in eigener Gruppenarbeit an der Inszenierung von „Furcht und Elend im Dritten Reich“ gearbeitet. Von den ursprünglichen 27 Szenen sind 15 übrig geblieben.
Brechts Stück: selten gespielt
Bertolt Brecht verfasste sein antifaschistisches Stück 1937. Da befand sich der Dramatiker schon längst im Exil. Die Informationen über die Schreckensherrschaft erhielt er nur aus den Medien oder aus Korrespondenzen. Doch das Stück, das vor Augen führt, wie sehr ein totalitäres System intimste zwischenmenschliche Beziehungen durchdringen kann und Menschen vor Dilemmata stellt, wurde in den letzten Jahren kaum in den Schauspielhäusern berücksichtigt. Eine Ausnahme blieb die Inszenierung im Theater Dortmund, wo der Gehalt des Stückes in die Gegenwart transportiert und etwa der Bürgerkrieg in Syrien aufgegriffen wurde.
Auf solche Aktualitätsbezüge will man in der Studiobühne verzichten. Trotzdem waren gegenwärtige und gesellschaftliche Konflikte bei den Proben immer wieder ein Thema: Flucht, Terror und Rechtspopulismus gewinnen vor dem historischen Hintergrund des Faschismus wieder an Brisanz. „Die Abgeklärtheit ist wieder geringer geworden“, verrät Freymeyer, Betriebsleiterin der Studiobühne. „Im Spiel ist einfach wieder diese Betroffenheit durchgedrungen.“
Denn in Zeiten, in denen Rechte in Polen, Österreich oder den USA in der Regierung und die AfD im Bundestag sitzen, ist Brechts „Furcht und Elend des Dritten Reiches“ kein verstaubtes Historienspiel mehr. Diese Fragen beschäftigten auch die Studierenden in den Proben, wie Freymeyer erzählt: „Sie sehen die Gefahr. Aber was sollen wir machen? Wie können wir damit umgehen?“ Eine Antwort ist auch die Inszenierung dieses politischen Stücks.
:Benjamin Trilling
„Furcht und Elend des Dritten Reiches“, Premiere am 26. und 27. Januar im Theatersaal des Musischen Zentrums.
Der Eintritt ist frei. Kartenreservierung unter mz-theater@rub.de
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