Hannover. Keine Räumlichkeiten für den Verband Studierender Kurdistans (YXK): Am 27. November lud die Hochschulgruppe an der Leibniz Universität zu einer Infoveranstaltung ein. Die Univerwaltung stufte diese wegen verbotener Öcalan-Bilder als „verfassungswidrig“ ein.
Demokratisch, lebendig und vielfältig – die Leitkultur der Uni Leibniz wollte auch der Verband der Studierenden Kurdistans (YXK) beanspruchen. Für den 27. November lud die eingetragene Hochschulgruppe zu einer Informationsveranstaltung ein. Thema: der Demokratische Konföderalismus und die Schriften von Abdullah Öcalan.
Bereits zwei Wochen zuvor wurde die Veranstaltung angemeldet. Drei Tage vorher kam eine Mail der Verwaltung: Aus „gegebenem Anlass“ müsse der Raumnutzungsvertrag aufgelöst werden. Eine Begründung folgte nicht. Ein YXK-Mitglied hakte telefonisch bei der Verwaltung nach, diese begründete die Vertragsauflösung mit der Einstufung der Veranstaltung als verfassungswidrig.
Grund dafür: Der Bezug zu Abdullah Öcalan, dem Führer der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), die in den USA und Europa als terroristisch eingestuft wird.
Doch die Absage erfolgte sehr kurzfristig und YXK lud weiterhin ein. Vor Ort forderten die Raumverwalter die VeranstalterInnen auf, den Hörsaal zu verlassen. Die Studierenden wollten diskutieren, die Raumverwaltung benachrichtigte die Polizei. Diese drohte den Anwesenden mit einer Anzeige wegen Hausfriedensbruch. Nach Drängen der Studierenden erschien Universitätspräsident Epping, um sich zum Vorgehen zu äußern. Doch er las nur eine Pressemitteilung vor.
Einfluss eines türkischen Vereins unklar
Nach einer mündlichen Zusage verlagerten die VeranstalterInnen den Vortrag ins Foyer des Lichthofs der Uni. Doch dazu kam es nicht. Der Einsatzleiter riss dem Referenten das Mikrofon aus der Hand und, so YXK, „ein Dutzend PolizistInnen in voller Kampfmontur marschierten in den Lichthof“. Nachdem der Referent versuchte, ohne Mikrofon fortzufahren, erteilte die Polizei den VeranstalterInnen einen Platzverweis.
Aram*, Mitglied von YXK, erlebte den Abend und zeigt sich fassungslos. „Normalerweise setzt sich der Verfassungsschutz in die Veranstaltung rein und greift nur ein, wenn es kritisch wird“, sagt er. Doch seit Monaten würden kurdische AktivistInnen eine härtere Gangart erfahren. Grund dafür seien die verschärften Verbote des Innenministeriums, die seit Frühjahr 2017 Öcalan-Porträts, PKK-Fahnen und Symbole der kurdischen Miliz YPG untersagen. „Sobald auf einer Demo ein Symbol auftaucht, greift die Polizei ein“, sagt Aram. Auch an den Unis werde die Situation für kurdische Organisationen schwieriger. Sogar für Sprachkurse haben sie in Hannover keinen Raum erhalten.
Die Leibniz-Uni wollte sich auf Anfrage der :bsz nicht konkret zu den Vorfällen äußern und verwies auf die Pressemitteilung. Kommunikativer war die Uni dagegen auf Anfrage des Türkischen Jugend- und Studentenbundes e. V. (TÖB). Der Verein, dem Kontakte zur faschistischen Organisation „Graue Wölfe“ nachgesagt werden, forderte die Univerwaltung in einem Schreiben auf, die YXK-Veranstaltung zu unterbinden. Die Antwort der Uni hat TÖB auf Facebook veröffentlicht. Darin heißt es, dass die Überlassung des Raumes zurückgenommenwerde. Erst im März stand die Uni in der Kritik, als sie Räumlichkeiten für eine TÖB-Veranstaltung genehmigte. Damals referierte Christian Johannes Henrich, ein bekennender Leugner des türkischen Genozids an den ArmenierInnen.
*die Redaktion hat den Namen des YXK-Mitglieds geändert
:Benjamin Trilling
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