Kommentar. Kunst ist Geschmackssache. Doch statt Kritik und Diskurs zu ermöglichen, wird Kunst mit Sexismus-Anschuldigungen begegnet.
„Du Sexist!“ – Ein Vorwurf, den niemand gern hört. Etwas, bei dem jeder peinlich genau darauf bedacht ist, es zu vermeiden. Eine Anschuldigung, mit der Andersdenkende bequem mundtot gemacht werden können, jeglicher Widerspruch dagegen wird mit „Ach, dem hören wir nicht zu, der hat dann und dann mal was Sexistisches gesagt“. So wenigstens meine Erfahrungen.
Funktioniert Gesellschaft so? Wenn’s nach mir geht: Nein. Gesellschaftliches Zusammenleben funktioniert durch Austausch, durch Diskussion und durch Toleranz anderen Meinungen gegenüber. Eine aufkommende Diskussion schon in der Keimzelle der Entstehung zu unterbinden, in dem man den Aufhänger abhängt, wie kürzlich an der Uni Göttingen geschehen, ist nicht das fortschrittliche, reflektierte, kritische Denken, das an eine Universität gehört. „Kunst liegt im Auge des Betrachters“, oder wie heißt diese Redensart noch gleich?
Kunst ist dafür gedacht, Missstände aufzuzeigen, die Gesellschaft zu karikieren, Politik hochzunehmen und Menschen alle Nase lang auf etwas zu stupsen und bestimmt auch dafür da, bisweilen unangenehm zu sein. Die Ausstellung mit dem Titel „Geschmackssache“ abzuhängen, weil jemand sich von einem gemalten (und „idealisiertem“ – so jedenfalls die Vorwürfe) nackten Arsch beim Pommesessen gestört fühlt, hat nichts mit Diskussionskultur zu tun, sondern ist eine Einschränkung der künstlerischen Freiheit. Keine gesetzliche, sondern eine soziale. Einmal gebrandmarkt, einmal als SexistIn gestempelt, lässt sich die Tinte nicht mehr wegwischen.
Diskussionen gehören an die Uni!
Wenn nicht hier hin, wohin sonst? Doch in Göttingen wurde gar keine Diskussion geführt. Statt an das KünstlerInnenteam heranzutreten und mit diesen zu reden, wurden wütende Mails an die Gleichstellungsbeauftragte geschickt, das Problem also nach oben getragen, eine Diskussion so umgangen. Die Bilder wurden abgenommen und der Drops war gelutscht. Für eine Universität und auch deren BesucherInnen ist das ein verdammtes Armutszeugnis.
:Kendra Smielowski
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