Glosse. Ein Gespenst geht um im World Wide Web – das Gespenst der alternativen Rechten. Und ihr Gesicht ist ein – ein was? Ein Frosch, der auf den Boden uriniert? Okay.
Der ursprüngliche Pepe ist ein Frosch in Graustufen, der auf den Boden einer Studibude pinkelt und das damit begründet, dass es sich eben gut anfühlt – „Feels good, man“. Es geht dabei, wenn man so will, um das Brechen sozialer Normen – im konkreten Fall: nicht in der Öffentlichkeit zu pinkeln und schon gar nicht auf den Boden einer Wohnung. Und das nicht um irgendwelcher hohen Motive willen, sondern einfach, weil es sich befreiend und wohlig anfühlt, ungehemmt den ureigensten Grundbedürfnissen nachzukommen.
Ein perfektes Sinnbild
Da steht der frustrierte, junge, weiße Mann am Rande der Wohnzimmerparty der westlichen Welt, mit allen Privilegien, die das so mit sich bringt und wundert sich: Warum stehe ich nicht im Mittelpunkt? Was haben die anderen getan, dass man sich um sie kümmert? Warum soll ich Schwächeren gegenüber Respekt zeigen? Warum soll ich Rücksicht auf deren Lebensumstände oder Geschichte nehmen? Was ist mit meinen Problemen? Warum soll ich denn nicht auf den Boden pinkeln – ist doch auch mein Teppich! Liebes personifiziertes Klischee, Deine Probleme sind uns nicht egal – wirklich nicht! Ja, es ist auch nicht immer leicht, in der westlichen Welt weiß und männlich zu sein – wir können über alles reden. Sobald du aufhörst, ständig auf den Teppich zu pinkeln.
Happy End in Sicht?
Mit Klischees kann man nicht diskutieren – zugegeben. Aber was soll man machen? Wie kommt man an die Menschen hinter den Avataren, Memes und Parolen? Und Pepe the Frog? Vielleicht gelingt es Autor Matt Furie, die Kontrolle über sein geistiges Eigentum zurückzugewinnen. Dann braucht es ein neues Maskottchen für die Neurechten. Wie wäre es mit einer schachspielenden Taube? Frei nach dem Sprichwort – „Egal wie gut du Schach spielst, die Taube wird alle Figuren umwerfen, auf das Brett kacken und herumstolzieren, als hätte sie gewonnen.“ Das würde auch passen.
:Frederik Herdering
Wer ist Pepe? Zuerst tauchten er und die Urversion des „feels good man“-Memes 2005 auf Myspace und im Comic „Boy‘s Club“ von Matt Furie auf. 2008 fand der Frosch seinen Weg auf das Imageboard 4chan und von dort aus überallhin – sogar in die :bsz. Bis 2015 gewann der noch unpolitische Pepe an Popularität und kam im Mainstream an. Neben der ursprünglichen gibt es weitere Versionen, etwa Sad Frog, Smug Frog oder Feels Frog. Im Zuge der US-Präsidentschaftskampagne 2015/16 wurde der Frosch von der Alt-Right gekapert und als Propagandamaskottchen eingesetzt. Durch die Verwendung in rassistischen und menschenfeindlichen Memes landete er Ende 2016 auf der Liste der Hass-Symbole der Antidiffamierungsliga (ADL). Furie gab sich in Interviews hilflos gegenüber dem Missbrauch. Im Mai 2017 ließ er Pepe symbolisch sterben. Weiterhin geht er jurisitsch dagegen vor. So etwa im August 2017, als Pepe in einem Kinderbuch mit rassistischen und islamophoben Themen verwendet wurde. Das Buch wurde vom Markt genommen und die Einnahmen dem Rat für amerikanisch-islamische Beziehungen übergeben. Weitere Prozesse laufen – der Kampf um Pepe geht weiter.
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