Jubiläum. Die Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum (MFH) hat ihren 20. Geburtstag gefeiert. Vergangenen Freitag bot der Bahnhof Langendreer Platz für eine emotionale Feierlichkeit.
Im Namen der Bundesarbeitergemeinschaft Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (BAfF) sprach Barbara Eßer ihre Glückwünsche an die MFH: „In Polen wird zum Geburtstag ein Lied gesungen, dass man 100 Jahre leben soll. Daher wünsche ich der Medizinischen Flüchtlingshilfe alles Gute für die nächsten 80 Jahre.“ Im Verlauf ihrer Rede bezog sich Eßer auf die stetig niedrigen Finanzierungen, mit denen die Organisation immer wieder jonglieren muss, um mit den Geldern auszukommen. Eßer, die den Vorstand der BAfF repräsentierte, betonte mehrfach den Wunsch nach einer „Basis für eine Grundfinanzierung, dass immer genug Geld für diese Arbeit da ist“.
Die Eröffnungsrede hielt Knut Rauchfuss, zweiter Vorstandsvorsitzender der MFH. Er gab einen chronologischen Einblick in die Beweggründe, die zur Gründung der MFH führten: Er sprach von den 90er Jahren, der brutalen Zerschlagung des ehemaligen Jugoslawiens, „ethnischen Säuberungen auf europäischem Boden“, sowohl auf dem Balkan als auch in der Türkei. 400.000 Menschen aus dem slawischen Süden und 25.000 KurdInnen suchten Zuflucht in Deutschland. Rauchfuss unterstrich, dass die rechte Gewalt in verschiedenen deutschen Städten wie Rostock oder Solingen 179 Todesopfer zu verschulden hätte. „Getreu der Devise ,legal, illegal, scheißegal‘ haben wir uns auf die Seite der Menschenrechte gestellt und gründeten die MFH unter dem Motto: Kein Mensch ist illegal“, erklärt Rauchfuss. Seine emotionale Rede fesselte das Publikum, bei Sätzen wie „Wir werden selbst hin und wieder in Kurdistan verhaftet“ fiel Beifall für den bedingungslosen Einsatz für Menschenrechte.
Rauchfuss äußerte auch Kritik am Ergebnis der letzten Bundestagswahl. Seiner Aussage zufolge habe Horst Seehofer 2015 „die flüchtlingsfeindliche Büchse der Pandora geöffnet.“ „Besorgte Bürger“ und „Pediga“ hätten durch ihren Populismus die AfD in den Bundestag gebracht. Auch Kritik an der linken Politik ließ nicht lange auf sich warten: „Wer spricht eigentlich mal über die Ängste der islamischen, semitischen oder homosexuellen Wähler?“ Ein Appell und eine starke Positionierung des zweiten Vorsitzenden beendete die Rede: „Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen. An diese deutschen Zustände dürfen wir uns nicht gewöhnen, sondern müssen geschlossen dagegen angehen.“
Freude, Trauer und Spaß
Zwischen weiteren zahlreichen Reden wurde auch für Programm gesorgt. Die syrische Sängerin Raghad Ridan verzauberte das Publikum mit einem traditionellen arabischen Lied, von den Bochumer Symphonikern kamen die CellistInnen Janet Boram Lee und Christof Kepser.
Eine beeindruckende Performance bot Danko Rabrenovi, Moderator bei Radio Cosmos und Mitglied der Trovaci Band. Er erzählte humorvoll von seiner Flucht vom Balkan nach Deutschland im Jahre 1991 und rundete seine Geschichte mit Liedern ab, die alle zum Lachen brachten. Doch deren Inhalt unterstreicht auch eine gewisse Intoleranz, die ihm gegenüber des Öfteren geäußert wird. „Tausendmal beworben, immer abgelehnt, wegen zu starkem Akzent“, heißt es in einem seiner Songs, die er mit einer Ukulele musikalisch begleitete.
:Katharina Cygan
Info:Box
Die ehrenamtlichen HelferInnen der medizinischen Vermittlungsstunde versuchen, jeden Tag das Telefon zu besetzen, damit Menschen (auch ohne Papiere) eine medizinische Versorgung bekommen können. Zurzeit sind sie bloß sieben Personen und suchen nach Verstärkung. Wer helfen möchte und der Meinung ist, dass medizinische Versorgung ein Menschenrecht ist, kann sich unter info@mfh-bochum.de melden.
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