Bild: In Würde altern: Regisseurin Julia C. Kaiser fragt in ihrem Film nach den Zumutungen einer Langzeitbeziehung., Ab 10. August im Kino: „Die Hannas“ Foto: W-film Distribution

Kino. Mit Fremdvögeln die eigene Beziehung retten? In Julia C. Kaisers Tragikomödie „Die Hannas“ (Kinostart am 10. August) wird die Langzeitbeziehung  mit existenziellen Fragen konfrontiert.

Für ihre FreundInnen ist es ein Phänomen, wie sie es hinkriegen. „Ihr seid wirklich das einzige Paar, das ich kenne, das es schafft, den Alltag zu leben, ohne durchzudrehen“, sagen sie beim gemeinsamen Abendessen: „Das einzige Paar, das es schafft, im Kompromiss glücklich zu sein.“

Dieses Paar, das sind Anna (Anna König) und Hans (Till Butterbach), die seit 15 Jahren eine so unzertrennliche und ausgeglichene Zweisamkeit vorleben, dass sie nur „die Hannas“ genannt werden.  Und dabei in ihrer Symbiose so feste Rituale eingeübt haben, dass es für Außenstehende nur noch befremdlich wirkt. Doch der eingespielte Alltag aus gemeinsamem Kochen und Essen, Musik hören und Fernsehen gerät aus den Fugen. Denn während die Physiotherapeutin Anna bei ihrem Job die begeisterte Nico (Ines Marie Westernströer) kennen lernt und mit ihr fremdgeht, beginnt Hans unabhängig davon eine Affäre mit ihrer düsteren Schwester Kim, eine Bondageliebhaberin (Julia Becker).Sie hilft ihm zunächst als Fitnesstrainerin, die angesetzten Pfunde loszuwerden, indem sie ihn mit einem Baseballschläger nackt durch den Wald jagt. 

Regisseurin Julia C. Kaiser hat für ihren zweiten Spielfilm nach „Das Floß!“ fast alle Hauptpreise beim „Achtung Berlin Filmfestival“ abgeräumt. Unter anderem für die HauptdarstellerInnen, die maßgeblich dazu beitragen, dass dieser Film so sehenswert ist: Till Butterbach, der einen so scheinbar stoisch-spleenigen Hans gibt, um ihn umso stärker in die emotionalen Irrungen zu reißen. Oder Anna König, die den fiebrig-aufgedrehten Gegenpart spielt.

Nicht überfrachtet

Mitdreißiger bis Vierziger in Beziehungs- und Liebeskrisen sind im deutschen Kino sicher kein neues Thema. Auch nicht, was das Spiel mit bestehenden Geschlechterrollen betrifft. Doch anders als Filme wie etwa Tom Tykwers „Drei“, der die heterosexuelle Monogamie gutsituierter GroßstädterInnen einer kühlen Versuchsanordnung unterzog, kommt „Die Hannas“ nicht wie ein überfrachteter Zeitgeist-Streifen daher. 

Die Frage, wie sehr der Bunker dieser Komfortzone einer Langzeitbeziehung dem Trend von Tempo und Promiskuität standhält, inszeniert Julia C. Kaiser als Tragikomödie, die nicht ohne komische, ja, fast surrealistische Momente auskommt.

Fazit

Eine fast melodramatische Szene gibt es nur am Ende: Anna und Hans machen sich, als sie schon längst an der Ostsee verweilen,  gegenseitig Vorwürfe, dass sie angesichts der Höhle, die sie sich selbst eingerichtet haben, so viel verpasst haben. „Wie konnten wir uns nur so sehr verzetteln?“ fragt Anna.  Einer der wenigen Momente in diesem so eigenwilligen Film, der nicht ohne Tragik auskommt.

Beide versuchen, es zu managen, dass es da mehr geben muss. Beide wissen, dass sie ohne einander nicht können. Und Kaisers Films lässt es offen. Fast wie im echten Leben.

:Benjamin Trilling

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