Kommentar. Die Herner Straße 131 wurde nach mehr als sieben Wochen geräumt. Hierbei blieb alles friedlich.
Mehr als sieben Wochen hielten junge Menschen ein Haus in der Herner Straße besetzt, ihre Ziele waren die Schaffung günstigen Wohnraums, die Errichtung eines Nachbarschaftszentrums und das Sichtbarmachen der Leerstandsproblematik in Bochum. Nach dem Verkauf des Hauses und der freiwilligen Räumung durch die BesetzerInnen ist es Zeit, eine Bilanz zu ziehen. War die freiwillige Räumung des Hauses ein politisch und taktisch kluger Schritt?
Keine Gewalt! Kein Erfolg?
Ein erklärtes Ziel der BesetzerInnen war von Beginn an Gewaltlosigkeit und Deeskalation. Oft wurde diese Entscheidung kritisiert, sogar von einer Vice-Journalistin. Enttäuschung lag in der Luft. Man wünschte sich Bilder aus den 80er Jahren: Straßenschlachten und Menschen, die aus dem Haus getragen werden sollten. BesucherInnen des Hauses wollten den BesetzerInnen Tipps geben, was zu machen sei, „wenn die Bullen unten stehen.“ Dieses und andere Angebote wurden abgelehnt. Dementsprechend hielt sich auch die Polizei zurück, man wolle das Haus nicht unbedingt räumen, viel mehr suche man den Dialog. Nie fiel das Haus durch negative Schlagzeilen auf. Doch auch der typische revolutionäre Duktus einer Hausbesetzung ließ in den letzten sieben Wochen auf sich warten. Das Haus wurde noch vor dem Termin der Zwangsversteigerung verkauft. Nicht an eine InvestorInnenfirma, nicht an dubiose SpekulantInnen. Bei den neuen EigentümerInnen handelt es sich laut Anwälten um ein Ehepaar, das das Haus so schnell wie möglich renovieren und dem normalen Wohnungsmarkt zur Verfügung stellen will.
Ein Hauptgrund der Besetzung war Nutzbarmachung von Wohnraum, was angesichts von mehr als 7.000 leerstehenden Wohnungen in Bochum eine vernünftige Forderung ist. Die bevorstehende Nutzbarmachung widerspricht zwar dem Nutzungskonzept der BesetzerInnen, doch trotzdem kann von einem Teilerfolg gesprochen werden. Gerade in den letzten Tagen ist es erfreulich, wenn linke Aktionen keine Rachegelüste der gesellschaftlichen Mitte auf sich ziehen, gerade nach diesem Wochenende ist es notwendig, wenn AktivistInnen für positive Publicity sorgen. Dies haben die Menschen in der #Herner131 geschafft.
:Justinian L. Mantoan
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