Theater. Mit „Alles Weitere Kennen Sie Aus Dem Kino“, der Crimp-Variante der Geschichte des Ödipus, lud der dritte Jahrgang der Folkwang-Schauspielenden vergangenes Wochenende in die Zeche 1.
„Wie können die Toten leben?“, fragt der unheimliche Chor der Phönizierinnen, die in ihren Blumenkleidchen alles andere als gruselig wirken sollten. Oder ist es gerade ihre Gleichheit, wie sie mit starren Gesichtern ihre Sphinxen-Fragen stellen, welche sie unheimlich machen?
Die Frage nach den Toten beantwortet „Alles Weitere Kennen Sie Aus Dem Kino“ vom englischen Dramatiker Martin Crimps in der Version des dritten Schauspieljahrgangs der Folkwang Universität der Künste unter der Regie von Thomas Dannemann zur Genüge. In der modernen Fassung des Euripides-Stoffs über den Bruderzwist zwischen den Söhnen des Ödipus durchleben die Figuren die Tragödie erneut: Die Toten stehen wieder auf, nur um erneut zu fallen.
Starkes Ensemble
Wieder erzählt Iokaste (stark gespielt von Clara Kroneck), Mutter und Ehefrau des Ödipus, in ihrem Monolog die Vorgeschichte, bevor, in der Jetztzeit angekommen, ihre Söhne Eteokles (herrlich überheblich, Yannik Heckmann), und Polyneikes (einschüchternd, Slavko Popapic) sich um die Herrschaft in der Stadt Theben streiten. Es kommt zum Zweikampf. Wie alle Kampfszenen an diesem Abend, nur durch Erzählungen der auftretenden Figuren dargestellt.
Ein reduziertes Bühnenbild und Figuren, die selbst für Musik und Licht sorgen, unterstreichen nur das intensive Spiel der Studis, die mehrere Rollen übernehmen. Die Charaktere selbst üben in einer unterhaltsamen Mischung aus antikem Tragödiensprech und modernemn Slang Kritik: Kritik an Macht, Kritik an Kapitalismus, aber auch an traditionellen Bildern. Wenn Iokaste ihre Haare abschneidet, um „nicht zu weinen“, hinterfragt sie selbst unsicher: „Oder war das zu melodramatisch?“ Die Phönizierinnen stellen die wohl elementarste Frage deswegen gleich mehrfach: „Wo ist die Welt jetzt? Markiert und angeklickt? Auf Löschen geklickt?“ Eine sehenswerte Dekonstruktion der antiken Ereignisse, übertragen auf die Moderne.
:Andrea Lorenz
Zeit:Punkt
14. und 15. Juli, 19:30 Uhr. Zeche 1 – Zentrum für urbane Kunst, Bochum. Eintritt 6 Euro.
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