Bild: rziehen wir nur funktionierende Glieder der Gesellschaft heran? Auch der Referendar Ralf Credner stellt sich im Film dieser Frage. , Dokumentarfilm über SchülerInnen-Erziehung Foto: Weltkino Filmverleih

Kino. Wenn der Idealismus nach dem Lehramtsstudium auf die harte Realität an Schulen trifft: Jakob Schmidt begleitet in seinem unterhaltsamen Dokumentarfilm „Zwischen den Stühlen“ drei ReferendarInnen durch den stressigen Alltag.

Die Lektüre will so keinen recht begeistern. Gähnende Langeweile im Klassenzimmer, als der angehende Lehrer Ralf Credner den Ausschnitt aus Hermann Hesses „Unterm Rad“ vorliest. Es geht um Disziplinierung, um Drangsalierung, darum, Menschen zu nützlichen Gliedern der Gesellschaft zu machen, wie Hesse seinerzeit schrieb.

Doch wie sieht es heute aus? „Zwischen den Stühlen“ fängt den Alltag dreier ReferendarInnen ein, AbsolventInnen eines Lehramtsstudiums, die nun ins kalte Wasser geworfen werden, die unterrichten und zugleich selbst noch auf ihre Prüfung und Zulassung als vollwertige Lehrkräfte hinarbeiten.

Da ist der schon erwähnte Ralf Credner, der sich im Gymnasium als „halber Lehrer“ vorstellt und bei den Korrekturen im Deutschunterricht schnell vor der Frage steht: Ist das noch ausreichend oder doch mangelhaft? Da ist Anna Kuhnhenn, die sich beim Unterricht in der Grundschule noch sehr unsicher fühlt. Oder Katja Wolf, die mit dem stressigen Unterrichtsalltag an einer Gesamtschule zu kämpfen hat.

Was alle drei gemeinsam haben, ist die Situation, nach dem theorielastigen Lehramtsstudium auf einmal vor vollen und lauten Schulklassen zu stehen. Straucheln statt schwimmen, so bezeichnet eine Seminarleiterin diese Phase für die angehenden PädagogInnen. 

Immer am Rande des Burnouts

Regisseur Jakob Schmidt gibt einen sensiblen und zurückhaltenden Einblick in eine der wichtigsten gesellschaftlichen Institutionen. Der mehrfach ausgezeichnete Beitrag des letztjährigen Dok-Festivals in Leipzig verzichtet auf erklärende Kommentare und lässt die ProtagonstInnen selbst zu Wort kommen. 

Diese erzählen von ihren Sorgen und der Angst, durch Stress an einem 

Burnout zu erkranken. „Ich bin frisch drin und ich fühle mich schon ausgelaugt“, gesteht etwa Katja Wolf. An diesen belastenden Alltag für die angehenden LehrerInnen tastet sich der Film vorsichtig heran, mal mit Humor, mal mit den ernsten Selbstzweifeln seiner ProtagonistInnen über die große pädagogische Frage, die „Zwischen den Stühlen“ zu einem so sehenswerten Dokumentarfilm macht: Was für Menschen wollen wir überhaupt heranziehen? Funktionierende Räder im System oder mündige Individuen? Ist das überhaupt in diesem bürokratischen Schulsystem möglich? Oder gilt nur Leistung und Disziplinierung?

Regisseur Schmidt fängt unterschiedliche Meinungen ein: Die junge Grundschul-Pädagogin Anna Kuhnhenn strebt sich gegen ein autoritäres Auftreten vor ihren SchülerInnen. Von BetreuerInnen wird ihr mangelnde Präsenz vorgeworfen, bis zum Ende bangt sie um ihre Zulassung. Auch Ralf Credner stellt sich diese Frage, bloß funktionierende Glieder zu produzieren. Lange denkt er darüber nach. Seine Antwort: „Ich finds nicht schlimm. Ist doch nicht schlecht das System – funktioniert doch.“ Ein unterhaltsamer Film, der den Schulalltag für diese angehenden LehrerInnen als Gratwanderung zwischen Idealismus, Anpassung und der Angst vorm Burnout zeigt.   

  :Benjamin Trilling

Gewinn:Spiel

Der Film läuft ab dem 18. Mai im Kino. Die :bsz verlost 2×5 Tickets für Vorstellungen im Casablanca.

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