Film. Wohnprojekte, Nachbarschaftsgärten oder MieterInnen-Initiativen: „Das Gegenteil von Grau“ von Matthias Coers und „Recht auf Stadt Ruhr“ zeigt die andere Seite des Ruhrgebiets. Am 23. März feierte der Dokumentarfilm Premiere im Dortmunder Roxy-Kino.
Die Kamera folgt jungen AktivistInnen durch die Sträucher. Es geht in eine leerstehende Halle am Dortmunder Hafen. Hansa-Pils, Mate und andere Getränke sind im Angebot, verrät eine Preistafel. Denn in den verwaisten Räumlichkeiten wurden bereits auf einer Leinwand Filme gezeigt. Leerstandskino nennen das die AktivistInnen der Initiative Raumräuber: „Wir wollten aufzeigen, was man damit machen kann“, sagen sie über den brachliegenden Leerstand. Freiräume und Belebung statt Kommerz und Tristesse. Ein Akt praktischer Utopie – zumindest für einen Moment.
Dass an den verschiedensten Ecken des Ruhrgebiets solidarische und ökologische Projekte unterschiedlicher Gruppen anzutreffen sind, das zeigt nun die Dokumentation „Das Gegenteil von Grau“. Zur Premiere am 23. März im rappelvollen Saal des Dortmunder Roxy-Kinos erschien auch Regisseur Matthias Coers. Der gestand im Gespräch mit dem Publikum: „Der Film ist selbst so etwas wie eine Initiative, er hat ein emanzipatorisches Potential, dass die Leute zusammen was machen können.“
Denn das Filmprojekt entstand in Zusammenarbeit mit dem Netzwerk „Recht auf Stadt Ruhr“. Die Idee: „Wir wollten die andere Seite des Ruhrgebiets zeigen“, erklärt Martin Krämer vom Filmteam. „Denn viele dieser Projekte kennt man gar nicht.“
Do it yourself!
Monatelang fuhr das Filmteam quer durch das Ruhrgebiet zu den verschiedenen Initiativen. Gezeigt werden Gemeinschaftsgärten oder soziokulturelle Zentren, MieterInnen-Initiativen oder Repair-Cafés. Mattias Coers hat bereits mit dem Dokumentarfilm „Mietrebellen – Widerstand gegen den Ausverkauf der Stadt“ den Kampf von BewohnerInnen gegen Verdrängung und Räumung geschildert. Auch im neuen Film legt er darauf wert, keinen Streifen über, sondern einen mit den Menschen zu machen und die verschiedenen Gruppen und AktivistInnen selbst zu Wort kommen zu lassen. Etwa die BürgerInnen-Initiative „Bärendelle“, die im Sommer 2013 die ehemalige Hauptschule in Essen besetzte. Oder AktivistInnen von „Avanti“, die mit Besetzungen für ein Soziales Zentrum in der Dortmunder Nordstadt warben.
„Wenn man den Film sieht, denkt man, es gibt hier überall solche Orte“, sagt Regisseur Coers. „Aber vielleicht denken sich dann Leute, ja, das mache ich auch so. Genau deswegen haben wir den Film gemacht.“ Erst drei Tage vor der Premiere hat der Berliner den Streifen gemeinsam mit den Aktiven von „Recht auf Stadt Ruhr“ fertiggestellt. Ein Film, der die kleinen, praktischen Utopien zwischen Dortmund und Duisburg aufspürt: Miteinander und Selbstbestimmung, Solidarität und Widerstand. Eine Reise zu den utopischen Inseln im Ruhrgebiet. Und eine Inspiration zum Aktivwerden gegen Brachflächen, Leerstände und die Tristesse des Kapitalismus – auch in der Region. „Es ist überall scheiße, aber das ist ein Problem, weil man nichts macht“, sagt Coers. „Hier kann man wirklich was reißen, aber man darf nicht warten“. Daher die mutige Botschaft an diesem Premierenabend: Do it yourself!
:Benjamin Trilling
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