Bild: Sinn oder Unsinn? Wie Geflüchtete zu Beziehungsratschlägen stehen Bild: Piotr Kudlacik/kac

In Seminaren und Beratungsgesprächen sollen sich Geflüchtete mit Themen wie Homosexualität, Geschlechtskrankheiten und Schwangerschaft auseinandersetzen können. Ein solches Projekt organisierte die AWO Niederrhein in Essen unter dem Titel „Liebes-Welten“. Auch können sich junge Männer aus Kriegsgebieten beraten lassen, wie sie deutsche Frauen ansprechen. Seit dem Silvestervorfall in Köln haben junge Geflüchtete das Gefühl, unter Generalverdacht zu stehen. Unsere Redakteurin Kasia sprach mit zwei Geflüchteten über ihre Ansichten zum Thema.

Bevor ich überhaupt dazu komme, mich mit Betroffenen zu unterhalten, erfahre ich, dass das Projekt nicht ganz reibungslos anläuft. 

Da es nach der Ankündigung eines dieser Kurse in einer Essener Lokalzeitung zu Droh­ungen durch flüchtlingsfeindlich Eingestellte kam, wurde der Workshop von Security-Personal und drei Polizisten bewacht. Von deutschen Steuergeldern sollten Geflüchtete lernen, wie sie deutsche Frauen vergewaltigen, hat es aus der Haterszene geheißen.

Ein weiteres Problem der Aktion: Laut Flirtcoach Horst Wenzel, der im Rahmen des Projekts Geflüchtete berät, liegt die Schwierigkeit beim Flirten an den Deutschen und deren Vorurteilen. Laut der Zeitung „Die Welt“ sei in Wenzels Vorträgen allerdings die Rede von Kommunikationsebenen und Beziehungspyramiden. Das überfordere die Zielgruppe oft sprachlich.

Als ich von diesem Flirtkurs erfahren habe, wurde ich wütend und empfand ihn als diskriminierend. Nicht nur dass diese Menschen vor dem Krieg geflüchtet sind und ihre Heimat gezwungenermaßen verlassen mussten, müssen sie in ihrer neuen Heimat mit ständigen Vorwürfen konfrontiert werden. Was soll das werden, wie soll das enden? Schwedische Zwangsintegrationskurse?

In Bochum gibt es ein solches Angebot bisher nicht. Mich interessiert, ob sich solche Seminare bei diesen Problemen überhaupt lohnen, ob überhaupt Nachfrage besteht, ob sie als diskriminierend empfunden werden. Also habe ich mit zwei Geflüchteten in Bochum gesprochen.

Seit Köln eingeschüchtert

„Die meisten von uns sind seit den Silvestervorfällen in Köln eingeschüchtert, überhaupt noch Frauen anzusprechen“, so Sharif aus Syrien, der kommendes Semester an der RUB studieren wird. Er ist seit elf Monaten in Bochum und fühlt sich unter Generalverdacht gestellt.

Sein Freund Nuri ist ebenfalls verunsichert. Auf meine Frage, ob sie sich bei solch einem Kurs anmelden würden oder ihn eher als Beleidigung ansehen, sind sich beide einig: „Beziehungen in Deutschland sehen anders aus, als bei uns in Syrien. Sie halten kürzer“, sagt Nuri, der seit einem Jahr in Deutschland ist.

Er lernte eine Frau im KulturCafé kennen, sie trafen sich ein paar Wochen, sie wollte körperliche Nähe. Nach einem Monat ließ sie Nuri zurück, sie habe nun einen anderen. „Das war ein trauriges Ereignis für Nuri, wir beide sind sensibel. Natürlich gibt es unter uns Flüchtlingen auch Weiberhelden, die nur ihren Spaß wollen, aber die gibt es in jeder Kultur“, erklärt Sharif. 

Andere Länder, andere Sitten?

Doch die Gespräche mit Geflüchteten zeigten mir, dass sie hier in Bochum gerne an solch einem Workshop teilnehmen möchten. Nicht, um Frauen gefügig zu machen, sondern um die deutsche Kultur zu verstehen, die von vielen Menschen aus anderen Ländern als distanziert und kalt empfunden wird. 

:Katharina Cygan

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