Bild: "Ihr betretet eine Kneipe. Mit Staub verdünnte Batteriesäure ist heute im Angebot": So kann ein Abenteuer in „Deponia – Das Rollenspiel“ beginnen., "Deponia – Das Rollenspiel" bringt Point&Click-Adventure vom Computerbildschirm in die Pen&Paper-Welt "Ihr betretet eine Kneipe. Cover: Uhrwerk-Verlag

Giftmüll, Staub, Elektroschrott und Schnabeltiere: Zugegeben, die Welt von „Deponia“ ist alles andere als einladend. Aber es ist eine der charmantesten (wenn man Derbheit und Schmutzigkeit Charme abgewinnen kann) und lebendigsten Spielewelten, die in den letzten Jahren die Computerbildschirme erobert haben. Das Hamburger EntwicklerInnenstudio Daedalic Entertainment hat mit den nunmehr vier Point&Click-Adventures RätselfreundInnen zum Lachen und Menschen mit Sinn für Humor zum Grübeln gebracht. Die Schnittmenge dieser beiden Bevölkerungsgruppen mit einer dritten, der der RollenspielerInnen, dürfte nicht gering sein. Beste Voraussetzungen für ein Spin-Off der besonderen Art, eins, das „Deponia“ gerecht wird: „Deponia – Das Rollenspiel“.

Pünktlich zur letztjährigen Fachmesse SPIEL in Essen und noch vor dem lange erwarteten vierten Teil der Spielereihe  („Deponia Doomsday“) ist dieses wunderbare Buch im Oktober im Uhrwerk-Verlag erschienen. Von den 239 durchgängig farbigen und reich illustrierten Seiten sind 179 ein Reiseführer durch Deponia, den Müllplaneten, wo die Menschen (und andere Daseinsformen) die Kunst des Provisoriums zur höchsten Blüte gebracht haben. Wo man sogar ganz gut atmen kann, wenn sich die Pilzsporen erst einmal in der Lunge festgesetzt haben. Wo, je nach Gegend, die Definition von Wasser von Staub über Batteriesäure bis zu dieser braunen Plörre, die hinter der rostigen Hütte aus dem Boden blubbert, reicht. Der Rest erst entfällt auf ein schnell zu lernendes Rollenspielregelwerk und die Abenteuer.

Gags zum An-den-Kopf-Packen

Wer die PC-Adventures kennt, erfreut sich daran, diesen Planeten noch besser kennenzulernen. Dabei ist das Buch aber so konzipiert, dass auch Fremde in den fragwürdigen Bann dieses Ortes gezogen werden. Am Computer erlangte Vorkenntnisse sind also nicht vonnöten, vielmehr eine Offenheit für eine fiktive Reise über einen Planeten, in denen „Plörre“ eine beliebte Getränkemarke ist. Geografische und ethnologische Angaben wechseln sich mit Anekdoten ab.

Es ist eine Freude, durch das Buch zu schmökern, so wie damals, als man sich als Kind durch den Sperrmüll gewühlt hat. Keine Gelegenheit haben die AutorInnen ausgelassen, irgendeinen Gag unterzubringen, ob subtil und elegant oder zum An-den-Kopf-Packen. Auf Deponia findet sich alles. Die dritte Kontinentbeschreibung am Stück zu lesen, ist dann vielleicht doch etwas viel, aber das mag an den grundsätzlichen Standardangaben zur Geografie etc. liegen. In solchen Fällen blättert man eben weiter zu den Angaben zu Flora und Fauna oder kulinarischen Tipps.

Konfliktlösung per Schnabletierrennen

Es ist klar, dass sich viele Fans der Daedalic-Spiele den Pen&Paper-Ableger zulegen werden. Daher ist auch das Spielsystem in einiger Hinsicht an Point&Click-Prinzipien angelehnt. Vier Bögen mit Karten mit Gegenständen drauf, die im Spiel eingesetzt werden können, sorgen dafür, dass sich auch ja kein Rätselspielfreund nackt fühlt, da ohne Inventar.

Ein zentrales Element des Spiels sind – auch hier standen die Computerspiele Pate – Dialoge und Rätsel. Kämpfe werden nicht gewürfelt und sind auch selten wirkliche Kämpfe, sondern dürfen als Schnick-Schnack-Schnuck-Duelle oder Schnabeltierrennen ausgespielt werden. Nur rund 40 Seiten entfallen auf das Regelwerk – inklusive einer Liste von GegnerInnentypen (Böllerwürmer, Desolianische Asbestgolems, Schnabeltiere und mehr), einer Reihe von Beispielcharakteren (die High-Tech-Orbitelfe Gwyneth oder der zur Kampfmaschine umgebaute Börsenrechner Casius 200) und Regeln für Fortgeschrittene (Kevlar-Unterwäsche). Das Regelwerk Turbo-Fate trägt seinen Namen zu Recht!

Abgerundet wird der Band durch ein Soloabenteuer, ein Gruppenabenteuer und den Plot für eine Kampagne in fünf Akten sowie eine großformatige Karte von Deponia, damit sich auch alle in Drecksiko City oder der Müllgolei zurechtfinden.

Deponia – Das Rollenspiel

Uhrwerk-Verlag 239 Seiten

Gebunden, Albumformat 39,95 Euro

PDF 19,95 Euro

:Marek Firlej

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