Bild: Die K-Pop-Fans von StarDream-Entertainment tanzen zum Song von Girls’ Generation – dabei ahmen sie auch die Kleider ihrer koreanischen Vorbilder nach. , Beim European Hallyu Award tanzen Korea-Fans zu Popmusik aus ihrem Lieblingsland Foto: bk

Fast vier Jahre ist es her, seit der südkoreanische Rapper Psy einen Tanz schuf, der um die Welt ging. Seitdem ist es wieder stiller um den Musiker geworden, ein wachsendes Interesse an der koreanischen Popmusik, kurz K-Pop, ist aber geblieben – auch im Ruhrgebiet, wo am Ostersamstag der European Hallyu Award in der Essener Weststadthalle verliehen wurde.

Hallyu – dieses Kunstwort, das Ende der 1990er-Jahre in Südkorea entstand, bedeutet übersetzt so viel wie „Koreanische Welle“. Was Ende des letzten Jahrtausends mit dem Export von TV-Serien nach China und Japan begann, führt heute dazu, dass die Stars der koreanischen Musikszene auch außerhalb ihres Landes große Hallen füllen können – die Band BigBang etwa gab im Jahr 2012 zwei ausverkaufte Konzerte in der Londoner Wembley Arena. Damit ist die fünfköpfige Gruppe nur die Speerspitze eines von der südkoreanischen Regierung unterstützten Trends, dessen musikalische Bandbreite von Hip-Hop über Elektropop bis R&B reicht und sich vor allem durch eines auszeichnet – ausgefeilte Choreografien. Die standen auch im Mittelpunkt des Hallyu-Awards, zu dem sich TänzerInnen aus ganz Europa anmelden konnten.

„Nachdem einige Teilnehmer abgesprungen sind, treten insgesamt 49 Tänzer und Gruppen hier auf“, erzählt Veranstalterin Simone Eckendorf aufgeregt. Seit mehreren Jahren organisiert sie gemeinsam mit ihrem Freund Julian eine K-Pop-Partyreihe, die regelmäßig in der Bochumer Matrix stattfindet. Auch die Vorführungen koreanischer Konzert-DVDs, die unter Simones Aufsicht etwa alle zwei Monate im Bochumer Union-Kino stattfinden, sind regelmäßig ausverkauft. Trotz dieser Erfahrung sei sie zunächst unsicher gewesen, ob der Tanzwettbewerb, der als „spontane Idee auf der Couch“ begonnen habe, ein Erfolg sein würde. „Wir wussten gar nicht, worauf wir uns einlassen, aber das Niveau heute Abend war unglaublich hoch“, erzählt Julian später auf der Bühne.

Eine Fanszene mit eigenen Stars

In der Tat können viele der Tanzgruppen, die an diesem Abend die Choreografien bekannter K-Pop-Lieder so originalgetreu wie möglich präsentieren, auf langjährige Erfahrung zurückblicken. Die Gruppe StarDream Entertainment, deren Mitglieder in Köln und Mönchengladbach trainieren, tritt beispielsweise regelmäßig bei Veranstaltungen auf, bei denen sich Koreafans treffen. Neben der Gamescom sind vor allem Anime- und Manga-Conventions klassische Treffpunkte für Koreafans, da viele von ihnen sich oft auch für die japanische Popkultur interessieren. Ein typisches Element einer solchen Convention wurde daher auch in den Hallyu Award integriert: In einem sogenannten Maid-Café bieten kostümierte KellnerInnen selbst gebackene Kuchen und Muffins an. In der Tradition der in Japan sehr beliebten Cafés touren die Mädels (und Jungs – diese tragen meist einen eleganten Smoking und werden als Hosts bezeichnet) unter dem Namen Fairy Floss über die deutschen Anime-Conventions.

Andere Gruppen veröffentlichen ihre als „Dance Cover“ bezeichneten Videos auf YouTube – eines der beliebtesten Hobbys der Fanszene, die längst eigene Stars hervorgebracht hat. So erhält etwa die vietnamesische Tanzgruppe St. 319 für ihre Cover-Videos regelmäßig Klicks in Millionenhöhe. So weit sind die deutschen K-Pop-TänzerInnen noch nicht, aber die Reaktionen des Publikums an diesem Abend in Essen zeigt, dass Gruppen wie die Yeolli Dance Crew aus Frankfurt am Main durchaus ihre Fangemeinde haben.

Es ist also eine durchaus familiäre Szene, die sich an diesem Abend in Essen trifft, denn der European Hallyu Award ist nicht der erste K-Pop-Tanzwettbewerb in Deutschland. Angesichts der Stimmung im Saal ist es fast egal, welchen Song eine Gruppe gerade präsentiert – alles wird frenetisch bejubelt, auch wenn sich gelegentlich Songs wiederholen. Sehr häufig etwa suchen sich die TänzerInnen Lieder der Hip-Hop-Gruppe BTS aus. In den Pausen wird einfach am Bühnenrand spontan weitergetanzt.

Der Hip-Hop-Einschlag der koreanischen Popmusik spiegelt sich auch im Kleidungsstil vieler TänzerInnen wieder – weite Sweatshirts und Caps sind an der Tagesordnung. Auch die Lieder koreanischer Girlgroups gehen häufig in diese Richtung, wechseln sich jedoch mit verspielten Popsongs ab, in deren Musikvideos sich die Sängerinnen betont mädchenhaft präsentieren. Umgesetzt wird das beim Hallyu Award bei Choreografien zu Songs von Bands wie G-Friend oder Oh My Girl durch entsprechende Kostüme der CovertänzerInnen, die an asiatische Schuluniformen erinnern.

Strahlende GewinnerInnen

Die weiteste Anreise hat das Duo U.See aus Norwegen, das einen Electro-Hip-Hop-Song der Girlgroup 4minute covert und damit den zweiten Platz in der Kategorie „Duo“ belegt. „Wir sind von der Anreise ziemlich müde, aber jetzt gerade einfach nur glücklich“, erzählen die beiden Tänzerinnen. Übertroffen werden sie in der Gunst der dreiköpfigen Jury nur noch vom Berliner Duo One-a-ki, bei dem angesichts des Sieges sogar Tränen fließen.

Die großen Abräumer des Abends heißen allerdings Obscure. Die fünfköpfige Tanzgruppe aus Berlin überzeugte mit ihrer Performance des Songs „N.O“ von BTS nicht nur die Jury, sondern konnten auch den Publikumspreis mit nach Hause nehmen – ein erfolgreicher Abschluss eines Abends, der sich im nächsten Jahr wiederholen wird.  

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