Bild: Spaß mit der Zentrifugalkraft: Blick auf das Kettenkarussel vom historischen Riesenrad. , Leidenschaft und Tradition: Für die SchaustellerInnen eine Art Familientreffen Foto: kac

Der Historische Jahrmarkt ist in vielerlei Hinsicht eine Zeitreise. Während die einen im Stil der 50er zu Rock’n’Roll Karussell fahren und sich andere in altmodische Science-Fiction-Welten träumen, ist die Veranstaltung für viele SchaustellerInnen eine ganz persönliche Angelegenheit: Eine Fahrt in die eigene Familiengeschichte.

„Die Familien, die Aussteller haben dasselbe Herzblut, dieselbe Leidenschaft für die alten Maschinen“, sagt Josef Kalb von der Historischen Gesellschaft Deutscher Schausteller, die den Jahrmarkt organisiert. Der Münchner hilft in Bochum bei Betrieb und Wartung der Orgeln. Als Schausteller in fünfter Generation sei das Event in Bochum für ihn so etwas wie ein Familientreffen. Auch Ulrich Schmidt aus Essen unterstreicht das gute Miteinander der Gemeinschaft: „Auf der Kirmes eines normales Jahrmarkts hat man eher die Konkurrenten im Auge, hier ist es mehr freundschaftlich.“

„Das Original ist noch in Betrieb“

Die positive Atmosphäre springt auch auf das Publikum über. „Auf dem historischen Jahrmarkt haben alle Leute Spaß, ob jung, ob alt“, sagt Schmidt. „Die Leute kommen hier rein und fühlen sich wohl.“  

Das Spielprinzip aus dem Mittelalter, die Vorlage von 1967: Ulrich Schmidts nachgebauter „Hau den Lukas“ ist gerade mal drei Jahre alt.	Foto: joop

Schmidt (s. Foto) ist in Bochum mit einem „Hau‘ den Lukas“ vertreten, der vom Spielprinzip her ältesten Attraktion. „Das ist schon im Mittelalter praktiziert worden.“ Dass sein „Lukas“ in Wirklichkeit gar nicht so alt ist, gibt er nach kurzem Zögern zu. „Den hab ich vor drei Jahren nachgebaut, nach dem Original meines Vaters von 1967“, sagt Schmidt, in siebter Generation Schausteller; seine Familie war auf Jahrmärkten hauptsächlich mit Spielgeschäften vertreten. Die Familientradition ist auch schuld daran, dass Schmidt in Bochum nur einen Nachbau von Vaters „Hau den Lukas“ zeigen kann: „Mit dem Original ist mein Vater unterwegs, das ist immer noch in Betrieb.“

Die Beständigkeit ist es, die Schmidt an den historischen Attraktionen fasziniert. Sein Münchner Kollege Josef Kalb ist gleichermaßen von der alten Technik der Maschinen angetan, die mit einfach­sten Mitteln geschaffen wurden und immer noch funktionierten. Außerdem könne man sie im Gegensatz zu modernen Maschinen noch selbst reparieren. „Nichts ist für die Ewigkeit gebaut, man kann aber dafür sorgen, dass es für die Ewigkeit bleibt“, meint Kalb zum hohen Aufwand, Fahrgeschäfte wie etwa das Riesenrad zu erhalten.

TÜV-Vorgaben müssen erfüllt sein

„80 Prozent der Freizeit geht dafür drauf, die Maschinen instand zu halten“, schätzt er. Verschleißteile müssen ersetzt, teils extra angefertigt und elektrische Leitungen erneuert werden, denn alle Anlagen müssen die neuesten TÜV-Vorgaben erfüllen.

Neben den Fahrgeschäften müssen auch die Dinge drumherum in Schuss gehalten werden, etwa die Oldtimer-Zugmaschinen oder der Autoscooter-Kassenwagen. Beim in Handarbeit restaurierten Wohnwagen, der als Mini-Museum Einblick ins Leben früherer SchaustellerInnen-Generationen gibt, geht es vor allem um Nostalgie. „Das sind Sachen, damit verdient man kein Geld“, so Kalb. „Das macht man nur für sich selbst, fürs Herz.“

:Johannes Opfermann

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